Samstag, 13. Oktober 2007

Das Eva-braun-Prinzip

Da hatte ich mich kürzlich über Eva Herman ausgelassen und brauchte auch nicht lange zu warten, bis in meinem Rollenspielstammforum, dem Grofafo, in der "Speakers Corner" eine heftige Diskussion um just jene Frau entbrannte.

Angestachelt von einigen Kommentaren, die ein – in meinen Augen – zu großes Verständnis für die Medienfrau Herman aufbrachten und gar in deren Singsang eintraten, mensch dürfe in Deutschland bestimmte "Wahrheiten" nicht benennen, ließ ich mich wieder einmal zur Tastatur greifen und ein "paar" Wörter (mehr) schreiben. Mein anerzogenes antifaschistisches ICH – made by GDR – wurde also wach und - wie in solchen Fällen üblich – so recherchierte ich noch einmal. Es dauerte natürlich nicht sehr lange, bis ich den hervorragenden Text von Thea Dorn fand: Das Eva-braun-Prinzip. Selbstrendend verlinkte ich den im Forum. Worauf es im Forum selbst arge Kritik an diesem Artikel gab. Aber damit muss ich leben. Ach mehr noch: Ich kann damit leben. Sogar sehr gut!

Denn Thea Dorn zeigt in ihrem Artikel ganz deutliche Parallelen zwischen den Argumenten von Herman und einem gewissen Rosenberg. Letzterer schrieb auch ein Buch, aber schon 1930. Als NSDAP-Fuzzi war der dann so erfolgreich, dass ihm nach 1945 das Nürberger Gericht dafür mit einem Strick "gratulierte". Tja, wie die Zeiten sich ändern. Dass Frau H. einen ähnlichen Mist von sich gibt, gar in ähnlicher Weise argumentiert wie Rosenberg, schien im Forum selbst nur wenige zu stören.

Für die etwas Langsamen: Nein, es geht nicht darum, der Frau H. einen Nazi in den Mund zu legen. Es ist aber schon irgendwie verblüffend, wie nahe beieinander beide argumentieren. Allein das gibt Anlass zur Sorge.

Auf jeden Fall ist Dorns Artikel sehr lesenswert, insbesondere, weil sie dort u.a. im "deutschen Bewusstsein" latent vorhandene Tendenzen zur Fremdenfeindlichkeit erwähnt. Die sind, soweit ich weiß, soziologisch – also wissenschaftlich – abgesichert. Übrigens: Das alles bezog sich aber bereits auf das erste Buch von Frau H.!

Zur aktuellen Kapriole, dass die 68'er die "schöne" Nazi-Familienkultur abschafften, fand ich einen netten "offenen Brief" an Frau H. – dummerweise unter dem gleichen Titel wie der Artikel/Kommentar von Thea Dorn. Die aktuellen Vorgänge bringt Barbara A. Lehner wie folgt auf den Punkt:

"Wer an der Hitlerzeit unbedingt etwas Gutes finden will, stellt sich selbst ins braune Eck. Wer sagt, dass Werte wie Familie, Kinder und das Mutterdasein im Dritten Reich gefördert, aber anschließend durch die 68er abgeschafft wurden, und dies losgelöst von der grauslichen, ekelhaften und menschenverachtenden Ideologie betrachtet, der braucht sich nicht zu wundern, wenn er Job und Achtung verliert."

Also auch diesen Artikel unbedingt lesen.


Links

Das Eva-braun-Prinzip, von Thea Dorn

Das Eva-Braun-Prinzip, von Barbara Lehner

3 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Irgendwie finde ich es absurd den Deutschen gerade zu dogmatisch eine besondere Veranlagung zur Fremdenfeindlichkeit zu diagnostizieren.

Nun ist es sicherlich so, dass die Art des Nationalismus, die in Deutschland gelebt wurde, aufgrund der Natur der deutschen Nation (ein schlichtes Konstruktion) und der Propaganda, die nötig war, um sie dennoch zu etablieren zusammen mit dem preussischen Erben der Machteliten, sicherlich eine besondere bissige Form der Fremdenfeindlichkeit, wobei fremd hier bei weitem nicht nur Ausländer oder Andersreligiöser meinte, resultierte.

Abgesehen davon, ist Fremdenfeindlichkeit ein Phänomen, welches in allen Gesellschaften der Erde zu finden ist. Und zwar nicht nur auf Ebene von Nation oder Ethnie. Vielmehr wird dieses teils sehr aggressive Abgrenzungsverhalten bis in die Ebene kleinster Wir-Gruppen gelebt. Man denke nur einmal an das durchaus gewaltbereite Verhalten, welches Jugendcliquen an den Tagen legen, um sich gegeneinander abzugrenzen.

Die Trennung der Welt in "uns" und "die" und die Verteidigung all dessen, was "uns" gehört, scheint absolut inherent in der sozio-genetischen Programmierung des Menschen zu sein. In dieser Hinsicht teilt der Mensch mit seinem Rudelverhalten wohl schlicht immer noch ein Entwicklungsniveau mit anderer sozial höherentwickelter Tiere.

Wenn man sich nun weiterhin umblickt in der Welt und dabei einmal den gern gelebten Exotismus beiseite rückt, merkt man alsbald, dass andere Ethnien ebenso fremdenfeindlich und -freundlich sind wie "die" Deutschen.

Arbo Moosberg hat gesagt…

Vielleicht war das ein wenig missverständlich von mir formuliert, denn die Fremdenfeindlichkeit sollte nicht unbedingt als "typisch deutsch" rüber kommen. Mittlerweile ist aber m.E. recht gut belegt ist, dass eine bestimmte Fremdenfeindlichkeit in der Bevölkerung existiert - und damit meine ich hier erstmal die deutsche Bevölklerung, weil es ja der Untersuchungsgegenstand dieser SoziologInnen war/ist. (Insofern hatte das eher was von Selbstkritik. :-) )

Was mich stört ist, dass es offenbar salonfähig geworden ist, mit einer - wie auch immer gearteten - Fremdenfeindlichkeit ganz offen Politik zu betreiben und damit auch noch viel Beifall einzuheimsen. Dass andere Nationen/Ethnien usw. existieren, die möglicherweise ebenso fremdenfeindlich sind wie "wir", sollte keinen Anlass dazu geben, sich einfach zurück zu lehnen.

Ist aber nur meine Meinung.

// Arbo

Unknown hat gesagt…

Wenn man betrachtet, dass die BRD 30 Jahre intensive Toleranz-Propaganda hinter sich hat, kann man nur den Schluss ziehen, dass Fremdenfeindlichkeit nicht auszumerzen ist.

Das bedeutet, natürlich nicht, dass man sie pushen muss, allerdings ist ja gerade der Nationalismus (jüngst auch Du-bist-Deutschland-ismus) gerade der wichtigste Eckpfeiler der modernen Fremdenfeindlichkeit.

Da die Nation ja nicht mehr als eine virtuelle Gemeinschaft ist, muss man natürlich bewusst, bestimmte Bilder aufbauen, die die Menschen dennoch zusammenrücken lassen.

Früher waren das die Kommunisten (aber ihr habt ja die Flinte ins Korn geworfen ;) ) somit muss man neue Feinde konstruieren, um das Wir-Gefühl aufrechtzuhalten. Das sind jetzt wohl wiedermal die Musselmänner (immer gut als Feinde) oder die Slawen (auch nie wirklich Teil Europas gewesen).

So gesehen wäre der erste Schritt: Die Abschaffung der Nation. ;)