Sonntag, 29. Januar 2017

Low Life Syndicate Songs (reintegriert)

Ich hatte leider aus den Augen verloren, dass die Links zum Low Life Syndicate (Soundcloud) hier auf der Seitenleiste nicht mehr ganz funktionierten. Deshalb habe ich die nun neu eingebunden - das sollte jetzt wieder funktionieren, sprich: hier aus dem Browser heraus abrufbar sein.

Neu ist, dass ich dort auch zu Bandcamp verlinkt habe. Dort gibt es nämlich auch ein Konto, auf dem sich bislang aber nur zwei Songs befinden. Dafür ist dort "Fear Passion Rebirth" neu abgemischt.

Viel Spaß beim Anklicken und Durchhören. Wenn Zeit ist, kommen vielleicht wieder ein paar neue Songs dazu. Warten wir mal ab. ;-)

FF: Expiration Date

Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich "Genexus" von Fear Factory ziemlich toll finde. Damals hatte ich bereits geschrieben, dass es mir der Song "Expiration Date" ziemlich angetan hat: Expiration Date
"ist sehr langsam, geradezu Pop. Dino nimmt sich sehr zurück, fast nur Burton und Synthie, aber trotzdem extrem schön. Ja, das ist auch mein derzeitiger Lieblingssong von der CD, obwohl überhaupt nicht hart"
Nun bin ich zufällig über das Video gestoßen, das ich hier zum Anspielen vorschlagen möchte.



Gut, das Video mögen einzelne kitischig empfinden. Ich find's aber toll.

Warum hat es mir der Song so angetan? Einmal ist es das Musikalische. Gut, das ist Geschmackssache, aber ich finde es trotzdem irgendwie stimmig, weil dort die Cyber-Melancholie  in Szene gesetzt ist.

Zweitens besitzt der Song auch eine inhaltlich ziemlich interessante Dimension. Vordergründig geht es grob gesagt um ein Mensch-Maschine-Ding: Da ist eine Maschine - ein Nutzding, das auf ein "Verfallsdatum" (Expiration Date) hin programmiert ist, unter der Oberfläche aber "lebt" und darunter leidet, nicht als Lebewesen erkannt zu werden. Das Motiv ist bekannt durch Blade Runner, wo die Replikanten auch eine begrenzte Lebendauer hatten.

Es gibt dahinter aber noch eine zweite Ebene, von der ich nicht weiß, ob Fear Factory das auch so intendiert hat. Denn auch der Mensch kann als "Nutzding" betrachtet werden, ohne selbst in Chrom gegossen zu sein. Kurz: Werden die "Arbeitssklaven" von heute nicht genau so behandelt, wie im Song beschrieben? Wird der Umgang mit uns nicht auch auf "Verschleiß" hin kalkliert? Wo bleibt der Raum für Träume im System? Schlagen unsere "Herzen" nicht auch im Stillen? Wer interessiert sich dafür? Wo bleibt der Mensch als Mensch im Wirtschafts- und Gesellschaftssystem?

Insofern ist "Expiration Date" auch ein aktueller Song, der zwar keine (Er-)Lösung bietet, wohl aber den Eindruck und das Gefühl eines monoton durchkalkulierten Lebens ausbuchstabiert. Auch das kann einmal etwas Erleichterung verschaffen.

Die missverständlichen Kapazitätsgrenzen von Frau W.

Der Umstand, dass es in der letzten Zeit hier im Blog etwas ruhiger war, sollte nicht drüber hinwegtäuschen, dass es nichts zu schreiben gegeben hätte. Tatsächlich hat mich im letzten Jahr vor allem die Debatte über die Äußerungen von Sahra Wagenknecht umgetrieben. Leider hatte ich arbeitsbedingt wenig Zeit, dazu etwas zu schreiben. Das will ich nun nachholen.

Sonntag, 22. Januar 2017

Reingehört: Machine Messiah

Sepultura haben ein neues Album draussen: Machine Messiah. Auf Laut.de wurde dazu bereits eine recht wohlwollende Kritik geschrieben. Fazit dort: "Sepultura erfinden das Rad sicherlich nicht neu, präsentieren aber ein starkes Thrash-Album mit interessanten Einflüssen und einer ordentlichen Portion Abwechslungsreichtum."

Quelle: sepultura.com.br
Ich habe mir das Album nun letzte Woche geholt. Und sage es gleich mal vorweg: Ich finde die Besetzung jetzt mit Derrik Green, Andreas Kisser, Paulo Xisto Pinto Jr. und dem neuen Schlagzeuger Eloy Casagrande super. Derrik ist als Frontmensch voll der Hammer. Und wer mal Videos von Live-Auftritten der letzten Jahre gesehen hat, wird sehen, dass es den Jungs einfach Spaß macht.

Nun gut, zum Album. Es fängt schleppend mit "Machine Messiah" an. Die Riffs sind schon nicht verkehrt, alles walzt sich so vorwärts, aber irgendwie fehlt mir was. Und dieser Eindruck lässt mich das gesamte Album über nicht los. Abwechselung ist durchaus drin - die einen oder anderen Percussion-Einlagen, die sich recht super einfügen, und coole Wechsel. Zwischendurch gibt es mit "Resistant Parasite" auch ein schön grooviges Riff. Aber irgendwie will der Funke nicht so recht bei mir überspringen.

Vielleicht liegt es an den Dresch-Attacken, die ich offen gestanden nicht so mag. Es ist dabei noch nicht mal so, dass die schlecht wären. Das sind richtige Sepultura-Riffs und wer die alten Sepultura mag, wird damit sicher zufrieden sein. Aber mir selbst ist das nichts (mehr). Ich find's jetzt auch nicht so dolle, wenn in fast jedem Song irgenwo Dresch-Attacken eingebaut ist. Gut, im Bonus-Track "Chosen Skin" ist das schon irgendwie voll cool, weil sich das mit einem coolen Groove abwechselt. Aber irgendwie hat mich das auf dem Rest des Albums nicht mitgenommen. Aber vielleicht braucht das Album auch irgendwie Zeit.

Ich selbst würde mir jedenfalls für das nächste Album mehr Groove und weniger Dresch-Attacken wünschen, gepaart mit der Experimentierfreude, wie sie hier auf "Machine Messiah" anzutreffen ist.  

Insgesamt ist dem Review auf Laut.de zuzustimmen: Das Album wirkt frisch, der Spaß beim Einspielen der Songs ist den Sepultura-Jungs deutlich anzuhören Das, was das Album interessant macht, ist das beiläufige Herumexperimentieren - der Abwechslungsreichtum. Trotz meiner Kritikpunkte gehört es auf jeden Fall zu den besseren Sepultura-Alben. Zudem ist es eines der Alben, dass sich bei jedem Hören irgendwie "verbessert". Es ist auf jeden Fall ein Reinhören wert.




Donnerstag, 12. Januar 2017

Hallo mal wieder & weiter im Text: BGE & Hartz IV

Erstmal ein obligatorisch nachträglicher Neujahrs-Gruß meinerseits. Ja, in der letzten Zeit war's wirklich sehr ruhig hier. Das lag aber an der Arbeit und weil ich anderweitig publizistisch tätig bin. Eingemottet wird hier aber nichts. Schauen wir also mal, was 2017 bringt. ;-)

Und das fängt mit einem Beitrag an, der mich dann doch aus dem schreiberischen Winterschlaf geholt hat. In der Süddeutschen schreibt Heinrich Alt, bis 2015 im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, über das "bedingungslose Grundeinkommen" (BGE). Dieses, so der Titel dieses Beitrags, verstöße gegen die Menschenwürde.

Robotisierung, also die zunehmende Automatisierung von Arbeit, ist für Alt noch eine ziemlich utopische Zukunftsmusik, also wenig geeignet um ein BGE zu begründen. Mit dem Fachkräftemangel steht alles andere ins Haus als ein Ende der Arbeit. Die Arbeit, so der Tenor, geht nicht aus.

Ich könnte jetzt noch auf diverse andere Punkte eingehen, so z. B. auf das recht unterentwickelte Verständnis dieses Herrn vom Begriff "Arbeit", das sich nur auf die Erwerbsarbeit bezieht, die er aber auch als integrativ-disziplinierende Beschäftigungstherapie begreift.

Aber insgesamt zeigt bereits seine Wortwahl, welches Geistes Kind er ist, wenn er das BGE als "süffige" Idee bezeichnet oder mit "anstrengungslosem Glück" in Verbindung bringt. Erstaunlich ist, dass er sich in seinem Beitrag noch nicht einmal die Mühe gibt, seine ideologische Prägung zu verheimlichen: Da ist von "sozialer Marktwirtschaft" (nicht von der "Sozialen Marktwirtschaft") die Rede und Mindestlöhne sollen marktkonform sein.

Besonders schräg wird es, wenn er dann auf die "Beteiligungsgerechtigkeit" abhebt, die er dem BGE entgegenhält. Da heißt es, dass jeder etwas kann, kein Talent übersehen und jeder seine Fähigkeiten entfalten soll. (Lustigerweise ist es genau das, was das BGE ja bewerkstelligen soll.) Nund ja, genau das Lied von der Entfaltung der eigenen Fähigkeiten usw. singt mit Alt dann einer, der einem ehemaligen Politiker ankreidete, Hartz IV zu beziehen und ihn - als Leiter dieser BA - auch noch in arge Bedrängnis brachte (Arbeitsagentur attackiert Pirat Ponader"Hartz IV nicht für Lebenskünstler", 2012). Das sagt mit Alt einer, der kein Problem mit Sanktionierungen hat (die idR auf die Kürzung des Existenzminimums hinauslaufen) und der selbst Schrittzähler als Disziplinierungsinstrument für Arbeitslose nicht so problematisch findet (Bundesagentur verteidigt Schrittzähler für Arbeitslose, SPON 2014).

Während sich die Idee des BGEs ganz klar gegen Sanktionen und gegen einen paternalistischen Sozialstaat wendet, vertritt Alt geradezu archetypisch den Antagonisten zu genau dieser Idee: Für ihn muss (!) jeder Mensch einer Lohnarbeit nachgehen, hat sich im Lohn der Marktkonformität zu beugen und dort (aber auch nur dort), wo das nicht ausreicht, soll der Sozialstaat einen Ausgleich schaffen. "Gutes Leben", persönliche Entfaltung und Erfüllung bietet bei ihm einzig die Lohnarbeit; alles andere ist bei ihm Spaß (so wohl auch die von FeministInnen betonte Hausarbeit oder soziale Reproduktionsarbeit). Das Sozialsystem steht bei ihm im Sinne eines "Fördern und Fordern" und hat auch ganz klar disziplinierende Züge: Wer nicht in der Lage ist, sich marktkonform zu verhalten, muss halt in Form gebracht - zum marktkonformen Glück gezwungen - werden.

Vom ethischen Standpunkt her zeigt bereits die Causa Ponader die moralische Integrität des Herrn Alt. Der ideologische Standpunkt ist auch relativ einfach aus seinem Text zu entnehmen, zudem auch aus seinen anderen Äußerungen (in anderen Kontexten). Ich teile das nicht, finde es widerwärtig und menschenverachtend. Aber ich kreide ihm hier im BGE-Text der SZ nicht an, dass er konsequent seinen Standpunkt vertritt. Ich habe von ihm auch nichts anderes erwartet. Das ist nicht mein Punkt.

Mein Punkt ist eher die Frage danach, was um alles in der Welt die SZ dazu gebracht hat, ausgerechnet ihn einen Artikel zum BGE schreiben zu lassen. Angesichts seiner bisherigen Äußerungen ist das in etwa so, wie einen Fleischindustrie-Lobbyisten nach Vegetarismus zu befragen. Hält die SZ ihre LeserInnen wirklich für so blöde? Wenn von der Redaktion das BGE nicht befürwortet wird, dann ist das in Ordnung. Aber muss die Gegenargumentation so plumb aussehen? Oder ist das nur der Versuch, die GegnerInnen des BGE zu desavouieren?