Samstag, 17. Dezember 2011

2011 Ende ... Neu

Ein Jahr geht zur Neige. Ein eigenartiges Jahr. Ein Jahr, das mich hat zornig werden lassen: Guttenberg, die Rechtsblindheit in Deutschland und die Vorkommnisse in Syrien ... alles gute Gründe, um aus der Haut zu fahren.

Eigenartig aber auch deshalb, weil sich das Abschließen bestimmter Lebensabschnitte in gebündelter Form ankündigt: beruflich, im Bekanntenkreis und musikalisch. Auf zu neuen Ufern, die aber hier und da noch nicht richtig in Sicht sind. Ein eigenartiges Gefühl ...


Da sich in den nächsten Tagen der (öffentliche) Abschluss eines wichtigen Lebensabschnittes ankündigt und ich daher noch zu tun habe, werde ich hier erstmal bis zum Jahresende kürzer treten.

All jenen, denen in den nächsten Monaten ein neuer Lebensabschnitt blüht, orakle ich deshalb an dieser Stelle schon mal "Alles Gute!" Smilie by GreenSmilies.com zu: Ihr wisst, wenn Ihr gemeint seid.

In dem Sinne schon einmal ein paar erholsame Feiertage und einen guten Rutsch!

Freitag, 16. Dezember 2011

Living a lie

Es ist immer wieder schön, ein Musikstück in den Händen zu halten, das auch textlich stimmig ist. Wenn es dann noch eine Band ist, die mensch selbst sehr schätzt, ist das wie ein Sechser im Lotto. In meinem Fall ist es Skindred mit "Living a lie" (lyrics).

Der Song selbst klingt anfangs und mittendrin etwas "trashig", aber Benji Webbe und die Elektronik reißen es musikalisch immer wieder raus. Klasse!

Beim Rumstöbern im Netz ist mir noch ein anderer klasse Song aufgefallen: "Exile Etiquette" (lyrics), der sich auf Bright Flashes (2003) von Snapcase befindet.

Zum Schluss noch etwas Hochglanz. Das Video zu "Beauty School" von den Deftones kannte ich ebenfalls noch nicht.



In dem Sinne: Auf in's Wochenende!

Dienstag, 22. November 2011

BASS

Ich bin mal gespannt, was der Bassmann dazu sagt ...


Ich gebe zu, KoЯn eigentlich immer irgendwie nur am Rande mitbekommen zu haben. Aber nachdem ich gestern auf den "Narcissistic Cannibal" stieß, bin ich richtig gespannt, wie The Path Of Totality, das am 02.12.2011 erscheinen soll, wird.

Der Anfang von "Narcissistic Cannibal" ist herrlich sweet, dann der fette Einsatz und der schunkelige Refrain. Leider kommt's dann nicht mehr so fett, wie am Anfang, und das Ende ist mir auch etwas abrupt. Trotzdem, der Song hat was.

Da mein Herz aber doch den ein oder anderen Beat für Electronica schlägen lässt, wird meine Begeisterung sicher niemanden verwundern. Wohingehend typische KoЯn-Fans bei dem Elektro-Mix vielleicht eher abkrümeln werden. Ist mir aber Wurscht.

An der Stelle hoffe ich einfach mal, dass der Bassmann hier noch mitliest. Also, Bassmann, übernehmen Sie: Ich erwarte Ihre Antwort! Smilie by GreenSmilies.com

Dienstag, 15. November 2011

VWL in der Krise (ZDF)

In der Mediathek des ZDFs lässt sich derzeit der Beitrag "VWL in der Krise" abrufen. Zu Wort kommen u. a. "Postautisten" und Karl-Heinz Brodbeck.

Für heterodoxe Ökonom(inn)en weiß der Beitrag sicherlich nicht übermäßig viel Neues zu berichten. Für "Unbeteiligte" mag der Beitrag aber dennoch recht interessant sein.

Die Dienstbarkeit des ZORNs

Der Herbst kann schön sein. Aber nach der von mir präsentierten Beschaulichkeit in Bildern bin ich dieser Harmonie überdrüssig. Der ZORN geht um.

"Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen, wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht"


(Papst Gregor der Große, zitiert nach Schramm).


Am 12.11.2011 war Georg Schramm auf der Occupy-Demo in Frankfurt am Main zugegen. Und wieder einmal lässt sich eigentlich fast jeder Satz unterstreichen.

Montag, 7. November 2011

Es ist Herbst

Ich war wieder mal unterwegs und zwar in der Dahlener Heide. Wirklich klasse dort, vor allem, wenn mensch auch noch Pilze findet. Tja, ein paar Impressionen folgen hier.




Wer sich das musikalisch untermalen möchte, sollte mal nach Alcest "Tir Nan Og" suchen.

Wenn ich gerade mal bei herbstlichen Musik-Tipps bin: Auch "Sur L'Océan Couleur De Fer" von Alcest ist nen schöner Song, der mir im Moment mit kaum noch aus den Ohren geht. Und ebenfalls kaum aus den Ohren bekomme ich wieder mal Year of No Light (Ausserwelt/ Persephone).



Jo, YONL sind von den Gitarren her durchaus schwerer ... aber irgendwie mag ich die Bretonen. Leider sind sie so selten auf Tour.

Europäische Endzeit

Derzeit wird emsig auf die „Griechen“ eingedroschen und dabei eine Endzeitstimmung verbreitet, dass mir einfach nur schlecht wird. Gestern war sich Jauch tatsächlich nicht zu blöde, nach „Chaostagen in Athen?“ zu fragen. Als ob die Proteste dort durch autonome und linksradikale Gruppen geprägt werden; die Proteste sozusagen ein wohlstandsgenährte Punker-Bier-Prügelei-Party sind. Hallo? Geht’s noch?

Ich kann mich in der Einschätzung daher nur der FAZ anschließen, die zu den bei Jauch erwähnten Auswanderungsbestrebungen einzelner Griechen schrieb:
„Wie tief muss dieser Kontinent gesunken sein, wenn ein Teil seiner Bewohner ihn möglichst schnell verlassen will? Diese europäische Bankrotterklärung ist übrigens niemandem aufgefallen“.

Mit Politiker(innen) wie Merkel und Co. kann mensch sich einfach nur noch die Kugel geben. Gute Nacht Europa!

Sonntag, 23. Oktober 2011

Sonntagsmugge

Es ist Herbst, Sonntag ... ich weiß nicht warum, aber mir war gerade mal wieder danach: Deftones (Minerva) und Year of No Light (Traversée).



Wirtschaft und Lehre: Alternativlos 20

Fefe und Frank Rieger aka frank.geekheim haben bei „Alternativlos“ wieder einen interessanten Podcast eingestellt. Diesmal mit Frank Schirrmacher (Alternativlos 20), dem Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Heruntergeladen werden kann das als MP3 oder im OGG-Vorbis-Format. Und gleich vorweg: Der Podcast geht zwar über zwei Stunden, aber Christian Sickendieck von F!XMBR hat sicher nicht unrecht, wenn er diesen Podcast zum „wahrscheinlich besten Podcast aller Zeiten“ adelt.

Ich gebe zu, dass ich vor dem Podcast keine sonderlich positive Meinung von Schirrmacher hatte – sicherlich geleitet durch meine eigenen Vorurteile und der Methusalem-Komplott-Hysterie, die er einst anstieß. Im Podcast glänzte er aber immer wieder durch recht interessante wie kritische Gedanken, z. B. über die Funktion von „Sabine Christiansen“ als allsonntagliche Propaganda-Fabrik neoliberaler Thinktanks (ca. 25te Minute) oder über die – aus meiner Sicht treffend beobachtete – Menschenfeindlichkeit der Ökonomik (ca. 90te Minute). Jedenfalls hat mir der sympathische Podcast viel Spaß bereitet. Nebenher darf auch ich bekennen: Ich war früher (Wandzeitungs-) Agitator … und mache das heute im Grunde immer noch.

Aber genug des Lobes. Ich möchte diesen Podcast zum Anlass nehmen, um ein für mich überfälliges Thema anzusprechen: Konvertierende „Konservative“.
Eben diese Konservativen schienen ja kürzlich die Kritik an der vorbehaltlos blinden Marktideologie für sich entdeckt zu haben. Angefangen hatte das mit dem Eingeständnis von Charles Moore, dem ehemaligen Chefredakteur des britischen Telegraph: „I'm starting to think that the Left might actually be right“.

In Deutschland wurde das vom eingangs erwähnten Frank Schirrmacher aufgegriffen und maßgeblich popularisiert. Während die NachDenkSeiten darin einen Hoffnungsschimmer für ein Umdenken sahen, war Schirrmachers Bekenntnis aber auch von zurückhaltenderen bis kritischen Tönen begleitet (z. B. Hartwig Bögeholz auf Telepolis oder Feynsinn).

Interessant ist nun, dass die Kritik am blinden Marktglauben schon früher zu lesen war. Ich denke da z. B. an Joseph Stiglitzs „Im freien Fall: Vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Weltwirtschaft“, Paul Krugmans „Die neue Weltwirtschaftskrise“ oder John Kenneth Galbraiths „Eine kurze Geschichte der Spekulation“. Stiglitz erhielt 2001 zusammen mit George A. Akerlof und Michael Spence den Wirtschaftsnobelpreis. 2008 war es Krugman, der ihn zugesprochen bekam. Da frage ich mich natürlich, warum es so lange dauern musste, bis „Konservative“ sich dieser Kritik endlich annahmen!

Wer jetzt moniert, dass die eben genannten Werke hauptsächlich aus dem englisch-sprachigen Bereich stammen, der oder die sei auf die Bücher von deutschen Wissenschaftler(inn)en verwiesen: z. B. Helge Peukerts „Die große Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise Eine kritisch-heterodoxe Untersuchung“, Ötsch/ Hirte und Nordmanns „Krise! Welche Krise?: Zur Problematik aktueller Krisendebatten“ oder die Sammelbände „Der neoliberale Markt-Diskurs“ und „Bubbles, Schock und Asymmetrien“.

Wer wollte, konnte also auch deutsche Wissenschaftler(inn)en finden, die sich kritisch zur Wirtschaftslehre äußerten. Also alles gut in Deutschland?

Zunächst ein Blick zurück: In Frankreich wie in England wurde jeweils 2000 und 2001 von Studierenden und Doktorand(inn)en der Wirtschaftswissenschaften eine kritische Bewegung – die Post-Autisten – ins Leben gerufen. Daraus sind recht interessante Netzwerke entstanden, z. B. der Real-World-Economics-Review und der dazugehörige Blog. Zudem existiert ein Heterodox Economic Newsletter sowie das Heterodox Economic Portal. Entsprechende Konferenzen werden auch abgehalten.

In Deutschland gibt es u. a. den Arbeitskreis Postautistische Ökonomie, der dieses Jahr sogar eine Tagung unter dem Titel „Krise des Kapitalismus und die Zukunft der Wirtschaftswissenschaft“ veranstaltete. Erwähnenswert sind noch kleinere Netzwerke wie z. B. die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik oder der Arbeitskreis Kritische Wirtschaftswissenschaftler(inn)en an der FU Berlin. Was im ersten Moment ganz gut ausschaut, ist im Kern jedoch recht kleinteilig und im Grunde allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.

Denn in Deutschland besteht nach wie vor das Problem, dass der sogenannte neoliberale „Mainstream“ in den Wirtschaftswissenschaften unbekümmert fortwuchert und weiter das zementiert, was kritische Ökonom(inn)en seit Langem kritisieren. Es ist daher sicher nicht falsch, zu behaupten, dass all jene deutschen Wirtschaftswissenschaftler(innen), die als Autor(inn)en der oben erwähnten Bücher in Erscheinung getreten sind, im Grunde eher mehr als weniger gegen Windmühlen zu kämpfen scheinen.

Damit lässt sich der Bogen wieder zurück zum Anfang dieses Beitrags schlagen: Es ist zwar schön, wenn Leute wie Schirrmacher langsam die Kritik am blinden Marktglauben ernst nehmen (obwohl sie das leider immer noch als „linkes Zeug“ abtun).

Besser wäre es aber, wenn Schirrmacher und Co. in ihrer nicht gerade unwichtigen Funktion und Position all jenen das Wort erteilen würden, die sie früher eher ausblendeten. Es existiert eine Reihe deutscher Ökonomen jenseits von Rudolf Hickel und Gustav Horn, die etwas zu sagen haben und deutlich machen, dass eine andere (!) Wirtschaftswissenschaft denkbar wäre.

Allerdings zeigt sich schon jetzt wieder, dass das Thema „Finanzkrise“ und „Eurokrise“ mit den altbekannten Gesichtern beackert wird. Ernst zu nehmende kritische Ökonom(inn)en stehen so gut wie gar nicht in der öffentlichen Wahrnehmung. Leider!

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Oceanic

Emil Bulls sind wieder da. Jetzt is's raus, das Album: Oceanic. Ist recht abwechslungsreich und klingt recht vernünftig.

Ein Video gibt's auch noch: Jaws of Oblivion


Doch das Allerbeste: Sie sind auf Tour!!! Smilie by GreenSmilies.com

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Sonntag, 2. Oktober 2011

Glücksatlas

Letzte Woche sitze ich am Ende eines aufrenden Tages irgendwo in Meck-Pom, will mir den "Luxus" eines TV-Abends gönnen und werde aber schon gleich im Heute-Journal wieder darin bestätigt, keinen Fernseher zu besitzen.

Der Grund lag in der Nachricht, mit der das Heute-Journal im ZDF am 20.09.2011 startete: Da wurde der "Glücksatlas 2011" von Bernd Raffelhüschen mit einem Beitrag über zwei Minuten bedacht, an dem sich dann ein längeres Interview (über vier Minuten) mit Raffelhüschen anschloss. Der O-Ton: "Die Deutschen" sind glücklich, trotz Krise usw.



Was mich stört, ist einerseits, wie das Interview eingeleitet wurde. "Geld allein macht nicht glücklich", hieß es da. Raffelhüschen bestätigte das, meinte, dass Geld zwar eine Glückskomponente darstellt, aber zum Glücklichsein noch andere Aspekte gehören, z. B. Gesundheit, Gemeinschaftsgefühl und eine genetische Disposition.

Die erwähnte genetische Disposition nahm Moderator Claus Kleber zum Anlass, etwas von deutschen "Stammeszugehörigkeiten" zu sprechen und den Thüringer(inne)n, die laut "Studie" nicht ganz so glücklich sind, ein "Unglücklichsein-Gen" unterzuschieben. Raffelhüschen relativierte das, um dann aber gleich darauf wieder zu betonen, dass es einen "Menschenschlag" gäbe, der das Glas Wasser doch lieber halb leer (statt halb voll) sähe.

Es mag sicherlich der Lebenserfahrung entsprechen, dass es solche Leute gibt. Wer kennt sie nicht, diese ewigen Pessimisten! Smilie by GreenSmilies.com 

Aber solche schlichten Lebensweisheiten im Gewandte der Wissenschaft zu präsentieren, das ist mir vor allem nach den Sarrazin-Debatten einfach zu billig! Ich hätte mir da gerne ein paar mehr Fakten gewünscht. Diese wurden aber nicht geliefert.

Übehaupt: Es wurde so getan, als ob es etwas ganz Besonderes sei, dass sich ein Ökonom wie Raffelhüschen mit "Glück" beschäftigt.

Dass es einen Bruno S. Frey (Homepage) gibt, der selbst Ökonom ist, in der Schweiz schon seit Langem zum Glück forscht und zu den meist zitiertesten Wissenschaftlern der Welt zählt, das scheint noch nicht zu den Top-Journalisten von Heute vorgedrungen zu sein. Die blödsinnige Einleitung a la "Geld allein macht nicht glücklich" hätte sich Claus Kleber dann nämlich sparen können. Zu dem Aspekt schrieb Frey in einem Artikel der Handelszeitung vom 04.04.2011:

"Personen mit höherem Einkommen sind im Durchschnitt eindeutig glücklicher als solche mit geringem Einkommen. Geld macht also glücklich. Allerdings gilt dies nur im unteren Einkommensbereich".


Solche Aussagen stehen im Kontrast zu dem Bild, das der obige Bericht vermittelt. Das gilt vor allem mit Blick darauf, dass die OECD Deutschland zu den Ländern zählt, in dem die Einkommensungleichheit in den letzten Jahren zunahm (OECD 2008, PDF). Selbst das Handelsblatt titelte dazu 2008: "Armut in Deutschland wächst rasant". 2008 galten 15,5 Prozent der Bevölkerung als "armutsgefährdet", während es 2005 noch 12,7 Prozent waren (Bpb).

Der Gipfel des Ganzen ist, dass Bernd Raffelhüschen nur (!) als Finanzwissenschaftler vorgestellt wurde. Dabei ist er Fellow der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, einem "neoliberalen" ThinkTank des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Während in den gängigen Talk-Shows Vertreter(innen) der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bisweilen auch als solche vorgestellt werden (z. B. Oswald Metzger und Arnulf Baring), scheint das Heute-Journal da noch ein wenig Nachholbedarf zu besitzen. Nebeher ist Raffelhüschen auch "beratend" in der Versicherungsbranche tätig und "berat" die Bundesregierung damals in Sachen "private Rentenversichung" (in der Rürup-Kommission).

Deshalb hat Albrecht Müller von den NachDenkSeiten diese "Nachricht" völlig zu Recht als Kampagnen-Journalismus, als PR kritisiert und darauf hingewiesen, wie unreflektiert die Medien die Nachricht vom "Glücksatlas" übernahmen. Wer jetzt noch meinen obigen Hinweis auf Bruno S. Frey mit beachtet, findet einen ernsthaften Grund, um sich um den deutschen Journalismus wirklich Sorgen zu machen.

 Bild: Wikipedia

Journalistisch war diese Nachricht allenfalls mangelhaft. Dass dieses Propaganda-Stück gleich als erste "Nachricht" im Heute-Journal auftauchte und mit insgesamt acht Minuten bedacht wurden, ist nicht zu fassen und erinnert mich eher an den Informationsgehalt einer Aktuellen Kamera. Ehrlich gesagt bin ich froh, jetzt wieder zu Hause zu sein, wo kein Fernseher rumsteht und ich nicht in Versuchung gerate, mir solch gebührenfinanzierten Müll anzutun.



Urlaubsimpressionen: MeckPom

Es war mal wieder soweit. Ich brauchte eine Auszeit. Also ab nach Meck-Pom, an den Schaalsee, dort, wo früher die 500-Meter-Sperrzone der DDR-Grenze war.

Der "kleine" Rundweg auf der Zarrentiner Seite des Schaalsees lud (fast) jeden Morgen zum Joggen ein: Der Weg war streckenweise wirklich traumhaft umsäumt von riesigen Bäumen. Das Umland konnte auf den Fahrrad-Wegen erkundet werden; bisweilen war aber auch die normale Straße zu nehmen, was insofern nicht störte, als es einfach herrlich ist, duch die Alleen zu radeln.

Tja und dann lagen ja Hamburg, Mölln, Boltenhagen und Wismar nicht weit weg, so dass jeweils ein Tagestrip in die entsprechende Region anstand.

Alles in allem ein schöner, aber leider viel zu kurzer Urlaub. Ein paar Impressionen sind nachfolgend verlinkt. Wer will, kann sich das noch musikalisch untermalen lassen, um in etwa einen Eindruck davon zu bekommen, wie es ist, im endsommerlichen Mecklenburg-Vorpommern recht unbeschwert durch die kühlen Alleen zu radeln. Smilie by GreenSmilies.com

Samstag, 1. Oktober 2011

Meister Yodas Zorn

In der letzten Woche lieferte die zweite Reihe (ZDF) eine Kabarett-Offensive der besonderen Art: Volker Pispers, Georg Schramm, Hagen Rether und - last but not least - die "Anstalt" mit Urban Priol und Erwin Pelzig. Im Moment können diese noch in der Mediathek u.a. des ZDF und von 3Sat abgerufen werden.

Bild: Georg Schramm (3Sat.de)

Die gesellschafts-kritischen Qualität dieser Beiträge steht für mich außer Frage. Was mir allerdings auffällt, ist, dass mir zunehmend das Lachen sprichwörtlich im Halse stecken bleibt. Zwar kann auch bei Rether, Schramm und Co. gelacht werden. Die Pointe scheint aber nur gesetzt, um kurz innehalten zu können, um Luft zu holen. Denn anders lässt sich die deprimierende wie zutreffende Weltbeschreibung, die Schramm, Rether und Pelzig wiedergeben, kaum ertragen.

Beispielsweise, wenn Pelzig fragt, was Bundeskanzlerin Merkel meinte, als sie sagte, das Parlament solle bei der Abstimmung des Rettungspaketes "marktkonform" abstimmen: Meint sie vielleicht eine marktkonforme (!) Demokratie? Wie wäre es stattdessen mit einem demokratiekonformen Markt? Und warum müssen wir uns im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ständig irgend etwas vom DAX erzählen lassen, wo sich die Zahl der Aktienbesitzer gerade einmal auf 12,6 Prozent (DAI, PDF) der Bevölkerung beläuft?

(Davon sind ca. 2,2 Millionen sogenannte reine Aktionäre, die direkt nur in Aktien investieren. Das entspricht ca. 3,4 Prozent der Bevölkerung.)

So kritisieren Rether, Schramm und Pelzig emsig die gesellschaftlichen Zustände, die wir alle kennen. Sie machen damit eigentlich auch nichts anderes, als jene Blogs, die eine kritische Gegenöffentlichkeit formen wollen (bspw. das Dossier, die NachDenkSeiten, der Spiegelfechter, Fleurseur uvam.). Eigentlich übernehmen sie die Funktion der zornigen Bürgerrechtler(inne)n.

Doch wo bleiben die echten Bürgerrechtler(innen)? Gibt es sie noch? Wo bleibt der bürgerrechtliche Zorn in der Breite? Warum geht niemand auf die Straße, wenn die Merkel unsere Demokratie unter das Primat der Ökonomik stellen will? Warum können unkommentiert Rettungsschirme aufgespannt werden, von denen selbst die Parlamentarier(innen) absolut keine Ahnung haben? Warum wird das in den Medien nicht ausreichend thematisiert? (Siehe dazu u. a. den Beitrag auf Spreeblick, in dem ein kurzes Video von Panorama verlinkt ist.)

Für die Narren, die auch in komplizierten Zeiten den Herrschenden die Meinung geigen konnten, sind Schramm, Rethers und Pelzig viel zu ernst. Ihr Kabarett ist keine (reine) Unterhaltung, sondern zivilbürgerliche Aufklärung - eine Anleitung zum kritischen Denken. Dennoch scheint das keine Gefahr für die im Moment existierenden Gesellschaftsverhältnisse darzustellen.

Niemand zieht heute Leute wie Schramm oder Pelzig wegen Aufwiegelung gegen den Staat zu Verantwortung; niemand verfolgt, verschleppt oder foltert sie. Auch ihre Sendungungen werden nicht abgeschaltet. Im Gegenteil: Pelzig wird in den nächsten Sendungen sicherlich weiter munter auf die Apfelsinenkiste steigen können. Zum Glück!

Trotzdem stimmt es mich nachdenklich, dass sie weder als Gefahr gesehen werden, noch in ihrer Ernsthaftigkeit einem bürgerlichen Volkszorn den Weg bereiten. In dem Kontext ist es schon ein eigenartiges Gefühl, die eigene Empörung ob der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in den Kabarett-Programmen bestätigt zu wissen, am Ende aber dennoch wieder alleine und ratlos mit dem durch die Programme entfachten Zorn vor dem Fernseher/ Computer zu sitzen.

Links
1) Georg Schramm: Meister Yodas Ende (3Sat-Mediathek, 01.10.2011).
2) Georg Schramm (Homepage)
3) Neues aus der Anstalt vom 27.09.2011 (ZDF-Mediathek, 01.10.2011).
4) Volker Pispers (ZDF-Mediathek, 01.10.2011).
5) Hagen Rether "Liebe" (ZDF-Mediathek, 01.10.2011).
6) Hagen Rether (Homepage)

    Mittwoch, 24. August 2011

    Follow the leader

    Die letzten Tage waren mal wieder un-nett, nervig und stressig. Also keine Zeit für ausschweifende Blogbeiträge.

    Nunja, ein paar "Museminuten" hatte ich trotzdem. Und wie das so ist, habe ich mal wieder meinen musikalischen Wurzeln nachgespürt. Mit Entsetzen durfte ich feststellen, dass Yuppicide (Wiki) im letzten Jahr auf Tour in Deutschland waren. Nach einer geradezu   e w i g e n   Pause. Und ich hab's nicht mitbekommen! Verdammt, was könnte ich mir dafür in den Hintern treten!!! *grrr* Smilie by GreenSmilies.com


    Das erste und letzte Mal, als ich Yuppicide sah, das war am 05.10.1996 im "Eiskeller" Leipzig (Coney Island) - zusammen mit Elision und Strain (Vancouver, British Columbia, CA). Als jemand, der damals zwar Hardcore spielte, aber mit vielen der Bands überhaupt nichts anfangen konnte, war's eine musikalische Offenbarung. Warum? Es war einfach ein cooler Mix aus Punk, Metal, groovigen Riffs wie sie bei Biohazard (u. ä.) vorkamen und Ska. So rein gar nicht am HC-Klischee fixiert, richtig gegen den Strich gebürstet, authentisch, ironisch ... einfach toll!

    Deswegen lag Joachim Hiller vom Ox-Fanzine schon ganz richtig, wenn er schrieb: "[t]extlich wie vom Stage-Acting her waren YUPPICIDE bei aller Energie und Aussagekraft einfach ein anderes Kaliber als der große Rest der New Yorker [Hardcore-Szene, Anmerkung d. Verf.]". Dazu passt auch, was Steve (Bass) in einem Interview vom letzten Jahr über die Musik-Philosophie erzählte:

    "Wir schreiben die Songs, die uns gefallen. Was andere sagen, interessiert uns dabei nicht. Es gibt eine Menge an Bands, die beim Schreiben ihrer Songs denken: Oh nein, das ist kein Hardcore-Part oder das ist kein Punkrock-Part, das kann man auf keinen Fall verwenden. Wenn wir etwas hören und dann finden: 'Wow, großartig!', dann müssen wir das in den Songs verwenden. Das ist meine Vorstellung vom Songwriting". (Quelle: Ox-Fanzine)

    Wie dem auch sei: Im letzten Jahr haben Yuppicide ihre - bisweilen extrem raren - Werke unter dem Titel "Anthology 88-98" auf eine Doppel-CD gepresst. Einfach klasse. Eine wortwörtliche Reise in die Vergangenheit. Songs wie "Envy" oder "Follow the Leader" sind und bleiben für mich einfach unereichte Klassiker. In dem Sinne habe ich der nächsten Tage genügend Anlass zum genüsslichen rumrocken. Smilie by GreenSmilies.com




    Sonntag, 14. August 2011

    Presseschau: London

    Zu den Ereignissen in London wurde in den letzten Tagen und Wochen viel geschrieben. Aus dieser Flut stechen in meinen Augen ein paar Beiträge besonders heraus.

    Dazu gehört u.a. Heribert Prantls Kommentar in der Süddeutschen. Dort wies er auf die Lust am Schauder hin, die hierzulande eine Art "Katastrophen-Vampirismus" enftacht, die wiederum mit einem blinden "Sofortismus" vermeintliche Lösungen präsentiert.

    Die taz vom 09.08.2011 berichtete, dass Mark Duggan, der von der Polizei in London Tottenham erschossen wurde, entgegen der ursprünglichen Behauptungen der Polizeit nicht geschossen hätte. Dieser Fall war der Funke, der die Londoner "Krawalle" ins Rollen brachten (siehe auch Telepolis). Zumindest darf es als positiv gewertet werden, dass die britische Polizeiaufsichtsbehörde diese Darstellung so schnell und offenbar selbstkritisch aufklärte.

    Eine Einordnung der Ausschreitungen als Reaktion auf die britische "Sozialpolitik" seit Thatcher gibt es im Fleurseur auf die Doppelmoral aufmerksam, die hinter der Kritik an den "RandaliererInnen" steckt:

    "Wenn Cameron behauptet, der 'Mob' bestünde nur aus selbstbezogenen Kriminellen, die sich in asozialer Manier am Privateigentum anderer vergriffen, dann steckt ein Fünkchen Wahrheit in dem, was er sagt. Nur wer hat denn die Menschen gelehrt und lehrt sie noch immer, dass Gemeinsinn ein Relikt der Vergangenheit sei, eine Fehlentwicklung, die es zu beheben gelte, wer hat eine Jahrzehntelang fortgeführte, verfehlte Sozialpolitk initiiert, ja wer gibt sie denn vor, diese asoziale Leitkultur, die im grenzenlosen Egoismus, der Gier, die Triebfeder jeden menschlichen Handelns erkannt zu haben meint und auch, dass es daran weder etwas auszusetzen noch zu verändern gilt? Schon Thatcher sagte, es gebe keine Gesellschaft, nur Individuen. Und jetzt wundert sich dieser Menschenschlag, dass die Massen solchen Worten eine Bedeutung beimessen und ihnen Taten folgen lassen, dass sie umsetzen, was man ihnen seit den Achtzigerjahren mit Vehemenz gepredigt hat? Die Selbstbedienungskultur hat nicht der Mob erfunden!".

    Einer der wohl besten Kommentare, die ich bisher zu diesem Thema gelesen habe, stammt mal wieder - wie soll es anders sein - von Mely Kiyak: "Liebe Unfreiheit!". Der wohl klügste Satz in der Debatte stammt von ihr und lautet:

    "Wir sollten aufhören, die einen mit Begriffen wie Plünderer und Randalierer zu entpolitisieren, während die anderen einer Demokratiebewegung zugeordnet werden, wo vielleicht sozioökonomische Aspekte im Vordergrund stehen".

    Presseschau: Informationelle Selbstbestimmung

    Ja, mensch muss sich ernsthaft Sorgen um unseren Rechtsstaat machen. Warum? Weil sich den letzten Wochen die Beispiele häuften, in denen sich Regierende und Behörden einen Dreck um rechtstaatliche Grundsätze scherten. Komischerweise ganz konkret mit Bezug auf die informationelle Selbstbestimmung.

    Einmal ist da dieser Katastrophen-Vampyr namens Hans-Peter Friedrich. Genau, unserer Innenminister. Nur kurze Zeit nach Oslo gab Friedrich dem SPIEGEL ein Interview, in dem er "dem Internet" die Schuld an den Untaten von Oslo zuschob und mit Blick auf die BloggerInnen der (neuen) rechten Szene forderte, diese müssen "offen" diskutieren.

    Letzteres wurde als Abschaffung der Anonymität und als Klarnamenzwang interpretiert. Selbst im SPIEGEL, dem Friedrich dieses Interview gab, wurde das kritisch gesehen (Konrad Lischka, SPON). Eine ebenfalls lesbare Kritik findet sich auf den auf den NachDenkSeiten von Jens Berger.

    Solcherlei Kritik muss unserem Innenminister wohl doch irgendwie peinlich gewesen sein. Statt aber die eigenen Fehler einzugestehen und aus der Welt zu schaffen, dürfen solch honorigen Leute wie unser Innenminister ihre Pressesprecher an die Informationsfront schicken, die dann die verantwortungsvolle Aufabe übernehmen, den Mist ihres Dienstherren wegzugekehren. Die kritischen Töne zu diesem feigen Vorgehen waren sogar der recht konservativen Welt zu entnehmen:

    "Anscheinend ist Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) doch hasenfüßiger, als er selbst gedacht hat. Da denkt er laut und, wie er ausdrücklich betont, in Erwartung 'wüster Beschimpfungen' darüber nach, ob Internet-Blogger nicht besser ihre wahre Identität offenbaren sollten.

    Doch kaum wird er tatsächlich kritisiert, lässt er von einem Ministeriumssprecher die eigenen Worte noch einmal neu interpretieren. Das Ganze sei ein 'Missverständnis'. Friedrich habe lediglich für eine demokratische Streitkultur im Netz geworben und sei nach wie vor der Ansicht, dass es auch im Internet Bereiche gebe, in denen Anonymität sinnvoll sei. Es gehe nicht um eine gesetzliche Pflicht, sich im Netz überall auszuweisen zu müssen".

    Also alles nur ein Missverständnis. Da haben wir aber noch einmal Glück, oder?

    Nicht ganz, denn die Haltung, die Friedrich zeigte, lässt sich auch in manchen Behörden finden. So berichtete die taz von einer Frau, die wegen einer Krebsbehandlung über längere Zeit ins Krankenhaus musste, sich das zuständige Jobcenter ARGE aber bewusst blöd stellte und ein Mitarbeiter des Jobcenters sich unbefugt Zugang zur Wohnung der im Krankenhaus verweilenden Frau verschaffte. Wie die taz berichtete, war dem Mitarbeiter offenbar nicht bewusst, dass er gegen das Grundrecht auf Schutz der eigenen Wohnung verstößt.

    Ein anderes Beispiel ereignete sich kürzlich in Thüringen, genauer: In Jena. Lothar König, Jugendpfarrer und Mitglied des Stadtrates in Jena, nahm am 19. Februar in Dresden (Sachsen) an einer Demonstration gegen einen Neonaziaufmarsch teil (MDR). Am zehnten August begaben sich nun sächsische PolizistInnen nach Jena und durchsuchten die Räume von Lothar König, um Beweismittel zu sichern, die "bei den Ausschreitungen in Dresden genutzt wurden" (MDR).

    Es reichte den sächsischen Behörden offenbar nicht, dass die Methoden im Zuge der der Anti-Nazi-Demonstration vom Februar in Dresden stark kritisiert wurden (z.B. Spiegel). Nein, der Thüringer Fall um Herrn König zeigt, dass sich das sächsische Innenministerium offenbar keinen Deut um Kompetenzen schert und "Mir nichts, Dir nichts" auch mal Landesgrenzen überschreitet, ohne z.B. rechtzeitig um Amtshilfe zu ersuchen. Entsprechend eisig waren die Reaktionen aus Thüringen (Siehe auch taz).

    Also abermals deutlich fragwürdige Umstände. Aber das passt ganz gut in das politische Umfeld, in dem es z.B. den ParlamentarierInnen deutlich am Hinterteil vorbei geht, dass wir seit 30.06.2011 kein verfassungskonformes Wahlgesetz haben und welche Konsequenzen das haben kann (siehe KrAutism und FREITAG). Ich frage mich, ob derartige Auswüchse nicht längst vom Verfassungsschutz hätten ins Visier gefasst sein müssen.

    Samstag, 6. August 2011

    Hightower aka Bubba Smith [† 03.08.2011]

    Bubba Smith, bekannt als "Hightower" aus den Police-Academy-Filmen, ist am 03.08.2011 in seiner Wohnung tot aufgefunden worden. Er wurde nur 66 Jahre alt.


    Weitere Infos: NTV, WELT und Serienjunkies. Der bisher beste Nachruf findet sich bei den fünf Filmfreunden. Dem ist fast nichts mehr hinzuzufügen.



    Rest in Peace, Bubba. Smilie by GreenSmilies.com

    Sonntag, 31. Juli 2011

    Hama ...

    Die syrische Armee hat nach fast einmonatiger Belagerung am Sonntag mit Panzern die Oppositionshochburg Hama gestürmt. Die Zahl der Toten soll nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten und Augenzeugen in die Dutzende gehen, die durch das Feuer aus Panzerkanonen und Maschinengewehren ums Leben gekommen seien. Ein Bewohner der 700.000-Einwohner-Stadt berichtet, es lägen noch viele Leichen in den Straßen.
    Quelle: taz

    Siehe auch die Berichte in der Zeit und der SZ.

    Hama 2009
    (c) Arbo Moosberg

    Freitag, 29. Juli 2011

    Miese Woche

    Ja, die letzte Woche lief für mich persönlich nicht so dolle. Smilie by GreenSmilies.com



    Aber das mutet wie Luxus an, im Vergleich zu dem, was anderen Leuten am letzten Freitag passierte. Ja, richtig: Ich meine Oslo. Und um ehrlich zu sein, möchte ich mir die Worte dazu sparen. Es wurde genug darüber geschrieben. Deshalb verweise ich hier lieber auf ein paar sehr lesbare Kommentare, die aus dem medialen Abfall, der über Oslo zu lesen war, herausragen:

    1. "Isoliert die geistigen Brandstifter" von Robert Misik,
    2. Stefan Niggemeier über "Feiges Journalistenpack",
    3. aebby Log über "(k)ein normaler Terroranschlag",
    4. Jens Berger über "Der Brandstifter und die Biedermänner" auf den NachDenkSeiten und
    5. FIXMBR über "Oslo, Anders Behring Breivik und das Versagen der Medien".

    Ich will mir dann aber doch noch eine Kommentierung nicht verkneifen. Vielleicht sollte dieses erschütternde Ereignis auch zum Anlass genommen werden, an Leute wie Jean Charles de Menezes (1978-† 22. Juli 2005, London), Khaled al-Masri und Murat Kurnaz zu erinnern.

    Mittwoch, 20. Juli 2011

    Faules Promotionswesen?

    Über Guttenberg, Mathiopoulos, Chatzimarkakis, Koch-Mehrin & Co. und deren (mutmaßliche) Plagiate wurde in letzter Zeit recht viel geschrieben. Leute Silvana Koch-Mehrin (FDP) liefern ja auch genügend Schreibstofft: Erst der Entzug des Doktorgrades, den sie mit der sicher nicht ganz unberechtigten Schuldzuweisung an die Uni Heidelberg kommentierte, und jetzt natürlich der Widerspruch gegen den Entzug des Doktortitels, was unter Umständen vor dem zuständigen Verwaltungsgericht enden kann – ein Umstand, der in der Frankfurter Rundschau mit „Frau Doktor Kamikaze“ ironisch quittiert wurde.


    Wie dem auch sei: Viele Bits sind mittlerweile ins Netz geflossen und es scheint ganz so, dass je länger die Plagiatsaffairen andauern und je mehr Personen davon betroffen sind, auch der Müll zunimmt, der in eben jene Bits oder Druckerschwärze gegossen wird.

    Da schien es zunächst erst einmal recht erfreulich, dass sich Peter Gaehtgens zu diesem Thema meldete. Schließlich ist er Medizinier, Professor für Physiologie und war zwischen 2003 bis 2005 der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz. Vielversprechend klang der Titel seines Beitrags in der Zeit: Faules deutsches Promotionswesen.

    Wer aber tatsächlich gehofft hatte, dass der gute Mann etwas qualifiziertes zum Thema zu sagen hatte, durfte am Ende enttäuscht den Artikel wieder wegklicken. Wer Peter Gaehtgens nicht kannte oder den Hinweis über seine „Kompetenz“ überlesen hatte, musste den Verdacht haben, da schreibt einer, ohne wirklich eine Ahnung vom Wissenschaftsbetrieb zu haben. So klang es jedenfalls auch in den Kommentaren zu Gaehtgens Artikel an.

    Der Murks fängt bereits bei der Behauptung an, dass „gültige Kriterien“ für die wissenschaftliche Qualitätsprüfung schon „längst etabliert und als Arbeitsgrundlage des gesamten Wissenschaftsbetriebs unbestritten“ sind. Angeblich sollen sie die Neutralität der wissenschaftlichen Begutachtung sichern. Was ihm dazu einfällt, ist allerdings nur das sogenannte peer review. Bei diesem Verfahren werden Artikel u.ä. anonymisiert bevor sie an die GutachterInnen geleitet werden.

    Jetzt kann ich nicht für alle Wissenschaftsdisziplinen sprechen. Aber wenn ich mir beispielsweise die Wirtschaftswissenschaften anschaue, weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich angesichts der von Gaehtgens behaupteten Neutralität der wissenschaftlichen Begutachtung weinen oder lachen soll. Treffend brachte es vor ein paar Jahren Geoffrey Hodgson, seines Zeichens Evolutionsökonom, in „The great crash of 2008 and the reform of economics“ auf den Punkt, als er dort u.a. die Mathematisierung der Ökonomik beklagte: Manuskripte, die ohne Formeln auskamen, hätten in den maßgeblichen ökonomischen Journals keine Chance gehabt. Ähnlich wird es wohl mit Themengebieten aussehen, die ebenfalls nicht im Mainstream angesiedelt sind. Alles, was nicht in den Mainstream passt, wird aussortiert. Neutralität sieht anders aus!

    Aber gut, hier mag Gaehtgens einwenden, dass sich im Mainstream nur die guten und etablierten Kriterien durchsetzen. Wer da nicht mitspielen will, ist halt unwissenschaftlich. In der Tat lässt sich solch eine arrogante Haltung bisweilen beobachten.

    Dumm nur, dass das recht ernste Konsequenzen haben kann. Mit Blick auf die Wirtschaftswissenschaften lässt sich nämlich feststellen, dass diese ganz bestimmte – dem Mainstream nicht genehme – Kenntnisse lange Zeit vernachlässigte oder sogar ignorierte (Stichwort: Hyman Minsky) und im Ergebnis die weltweite Wirtschaftskrise, die 2007/2008 ihren Anfang nahm, noch nicht mal im Ansatz erkannte.

    Außerdem ist es eine Binsenweisheit, dass sich innerhalb von wissenschaftlichen Disziplinen bestimmte Schulen bilden. In der Ökonomik gibt es z.B. Monetaristen, die neoliberale und ordoliberale Schule, die Neue Institutionsökonomik, Keynesianer, Östereicher (Österreichische Schule) oder die Sraffa-Schule, um nur ein paar zu nennen. Diese Schulen zeichnen sich durch ganz bestimmte Methoden, Annahmen und Ansätze aus, die in ihren Kreisen akzeptiert werden. Auch da lässt sich nicht von Neutralität sprechen: Wenn z.B. ein ordoliberaler Gutachter einen marxistischen Aufsatz begutachten soll (oder umgekehrt), lässt sich leicht absehen, wie wenig Chancen solch ein Manuskript auf eine Veröffentlichung hat.

    Zudem sollte beachtet werden, dass die von Gaehtgens gelobten peer reviews gar nicht so unumstritten sind. Eine Vielzahl an Kritikpunkten lässt sich dem Artikel von Alfred Kieser aus der FAZ (2010) entnehmen. Ob die peer reviews und die Kriterien der Journals wirklich transparent sind, lässt sich ebenfalls bezweifeln. Abgesehen davon, dass sich die gelobte Anonymität sicher mit ein paar Tricks umgehen lässt.

    Jedenfalls ist mir schleierhaft, wie Gaehtgens behaupten kann: „Diese »gute wissenschaftliche Praxis« [peer review, Anm. d. Verf.] hat sich bewährt; die geringe Anzahl der Verstöße belegt ihre hohe Akzeptanz in der scientific community“. Woran misst er denn die „geringen Verstöße“? Können hier nicht leicht „geringe Verstöße“ mit einem wissenschaftlichen Einheitsbrei verwechselt werden? Deutliche Fragezeichen sehe ich ebenso mit Blick auf das Vertrauen, dass Gaehtgens in Unabhängigkeit, Kompetenz und die begründete „Zuverlässigkeit des wissenschaftlichen Urteils“ hat.

    Aber ich will nicht nur auf den peer reviews rumreiten. Ein weiterer Vorschlag war, zwischen Prüfung und Betreuung der Doktorarbeit zu trennen, um Gefälligkeiten auszuschließen. Sicherlich, die Betreuung mag auf der einen Seite befangen sein. Auf der anderen Seite ist die Betreuung der Doktorarbeit häufig die einzige Person, die wirklich einen Einblick in die Arbeit hat und das Thema beurteilen kann. Mensch muss sich nur mal überlegen, wie schwer es für einzelne Themen ist, überhaupt eine geeignete Betreuung zu finden!

    Als Korrektiv soll hier ein Zweitgutachten dienen. Anders als Gaehtgens behauptet, ist es nicht immer so, dass die Zweitgutachter aus der eigenen Fakultät oder der eigenen Universität kommen müssen.

    Gaehtgens übersieht, dass innerhalb der Universität durchaus der Haussegen schief hängen kann und somit häufig von sich aus bereits ein externer Gutachter gesucht wird. Ein anderes Problem sind sicher bestimmte Themen, bei der die Expertise nicht wie Sand am Meer zu finden ist (Wirtschaftsethik, Marxismus, Produktionstheorie usw.). Auch da wird mensch automatisch einen externen Gutachter suchen. JedeR, der damit konfrontiert war, weiß, dass dies mit Blick auf die Neutralität der externen Gutachter ein Roulettespiel sein kann!

    Die Suche nach externen Gutachtern wird vor allem auch durch die schlechte personelle Ausstattung der deutschen Hochschullandschaft in gleich mehrerer Hinsicht negativ beeinträchtig. Denn erstens muss überhaupt erst Mal ein Zweitgutachter gefunden werden, der sich den Aufwand machen will. HochschullehrerInnen haben in der Regel einen Job, der sie durchaus mehr als auslastet. Hier fehlt einfach der entlastende wissenschaftliche Mittelbau! Zweitens sorgen Standesdünkel, Budgetkürzungen (nebst Stellenabbau) usw. dafür, dass generell weniger Hochschullehrer tätig sind. So groß ist die Auswahl an fähigen und bereitwilligen Gutachtern mitunter gar nicht.

    Wenn sich externe Gutachter dann dem Urteil der Erstbegutachtung anschließen, ist das von Gaehtgens natürlich zu Recht zu kritisieren. Davon angestachelt wettert Gaehtgens aber gleich weiter gegen die Einzelpromotion. Was soll aber die Alterantive dazu sein? Doktorandenprogramme?

    In einzelnen Disziplinen mag das ja gut aufgenommen werden. Unter dem Strich wirken diese Programme aber doch recht verschult. In meinen Augen ist das irgendwie eine Herabwürdigung: Wer will sich schon gerne als Doktorand behandeln lassen wie einen Schüler? Im Regelfall sind es NachwuchswissenschaftlerInnen, die bereits Spezialisten auf einem bestimmten Gebiet sind. In den Doktorandenprogrammen werden dann aber wieder einmal mehr zumindest symbolisch die universitären Hierarchien reproduziert.

    Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Doktorandenprogramme wirklich etwas für jedes Promotionsthema sind: Soll sich ein Promovend, der oder die über alternative Wirtschaftsmodelle forscht, in ein Doktorandenprogramm „einfügen“, das sie oder ihn wiederum in den Mainstream reinzupressen versucht? Was haben solche Promovierenden davon? Ich selbst konnte z.B. mit den Programmen an meiner Fakultät rein gar nichts anfangen.

    Eine andere Alterantive zu den Einzelpromotionen sind kumulierte Dissertationen. Das läuft im Regelfall so ab, dass die Promovierenden einzelne Artikel schreiben und diese dann bei Journals einreichen. Mal unabhängig davon, dass es für Newcomer im Normalfall schwierig sein sollte, Artikel in einem Journal unterzubringen, existiert das altbekannte Ausbeutungsproblem: Da schreibt einer einen Artikel und der wird dann mit Angabe des Institutsdirektors veröffentlicht. Eine eigenständige Arbeit sieht für mich anders aus!

    Soll also alles so bleiben, wie es ist? Natürlich nicht. Aber machen wir uns nichts vor, so lange sich an der finanziellen und personellen Ausstattung und der Struktur der Universitäten nichts ändert, stehen die Chancen schlecht, dass sich in den Promotionsverfahren etwas verändern wird. Hier sind zunächst alte Strukturen aufzubrechen, damit bestimmte Abhängigkeitsverhältnisse minimiert werden. Ein funktionsfähiger und zufriedener akademischer Mittelbau muss her, damit ProfessorInnen angemessen entlastet werden können. Es ist dann zu hoffen, dass das wissenschaftliche Umfeld pluralistischer wird und damit eine wirklich kritische Streitkultur entsteht (so, wie es Gaehtgens auch forderte). Wissenschaft kann dann wieder ein wirklich hartes Geschäft werden, auf das sich schneidige TrittbrettfahrerInnen lieber nicht einlassen wollen.

    Freitag, 15. Juli 2011

    Zur Leitkultur Feminismus

    Anlässlich bestimmter politischer Vorkommnisse wurde ja in diesem Blog dem Thema "Gleichstellung" kürzlich schon einmal ein Beitrag gewidmet. Nun erschien auf dem Spiegelfechter.de der Gastbeitrag "Leitkultur Feminismus" von Sebastian Müller, zu dem ich ebenfalls nicht die Klappe halten will. Ehrlich gesagt konnte ich über diesen Beitrag nur mit dem Kopf schütteln.
    Da wurden von Müller Behauptungen einfach so in den Raum gestellt, wie z.B. die, dass das Bildungssystem in feministischer Hand wäre. Was heißt das denn konkret? Das an einem „Girls Day“ festzumachen, ist einfach lächerlich. Woran machte Müller das sonst fest? Daran, dass der „größte Teil der Pädagogen und Bezugspersonen Frauen“ sind?

    Sind diese Frauen aber auch Feministinnen? Statt das kritisch zu hinterfragen, transportierte Müller unterschwellig die Aussage, dass Frauen im Bildungssystem „feministisch“ wären. Dem Leser und der Leserin sollte damit wohl heimlich eine ganz bestimmte Kausalkette eingeimpft werden?

    Viele Frauen im Bildungssystem
    → viele Feministinnen
    → Diskriminierung von Männer bzw. Jungen?

    Die damit zur Schau gestellte ideologische Färbung kommt auch in anderen Behauptungen zum Vorschein. Etwa, wenn Müller über ein hereinbrechendes Zeitalter des Feminismus orakelte und den Feminismus zum „fundamentalistischen Eifer“ reduzierte. Nach den Kriterien einer „völlig außer Rand und Band geratene Emanzipationsdebatte“ sucht mensch im Text von Müller vergebens.

    Es ist fast schon witzig, wenn Müller im letzten Teil seines Pamphlets schrieb:
    „Wenn bereits die Reaktionen auf eine satirische Auseinandersetzung mit der Nischensportart Frauenfußball so empfindlich und zahlreich ausfallen, scheinen doch eklatante Fragen ob des weiblichen Selbstverständnisses und Selbstbewusstseins aufgeworfen zu werden.“

    Denn wenn mensch sich die Vorwürfe Revue passieren lässt, die dem vorgelagert waren, zeigt sich eher ein Mangel im männlichen Selbstverständnis und -bewusstsein. Das kommt z.B. in der Klage zum Ausdruck, „ein gefühltes Jahrtausend selbst erlebter weiblicher Unterdrückung“ erfahren zu haben. Ähnlich wirken folgende Passagen:

    „Doch zu dem ganzen feministischen Nachholbedarf in männlichen Domänen gehört folgerichtig auch die mediale Stilisierung der Frau zum Superweib, zur modernen Femme fatale, egal ob im Film, in den öffentlichen Debatten oder im Feuilleton. Frauen scheinen – so entsteht ein manchesmal der Eindruck – in den letzten 30 Jahren der kulturell-evolutionären Entwicklung des Homo Sapiens ihre männlichen Artgenossen überholt zu haben. Sie stehen als moderner Prototyp in einer Gesellschaft, in der männliche Eigenschaften zunehmend überflüssig werden oder an Bedeutung verlieren.“

    „Damit entpuppt sich der Frauenfußball lediglich als ein Vehikel in einem neoliberalen Verteilungskampf, einem Wettbewerb um Märkte, in der Frau ihren Mann stehen will. In einer solchen Marktgesellschaft, die sich nur um Profite schert, ist die Frage um Anerkennung ohnehin obsolet. Die Frau ist im Postfordismus bzw. Neoliberalismus als ein Element, dass den Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt belebt, höchst willkommen.“

    Was mich an der Beitrag ganz grundsätzlich stört, ist, dass die Gleichstellung wieder auf Gender- und Feminismusfragen sowie „Mann vs. Frau“ reduziert wurde. Bei der Gleichstellungsfrage geht es aber nicht nur um die Gleichstellung von Frauen und Männern. Es geht u.a. (!) auch um die Gleichstellung von körperlich und sozial Benachteiligten oder Menschen verschiedenen Alters. Da hinsichtlich des Gleichstellungsgedankens von Gleichmacherei zu sprechen, ist einfach nur zynisch!

    Wer sich davon abgesehen ein wenig in der Gleichstellungsarbeit auskennt, weiß außerdem, dass es eine durchaus spürbare Diskrepanz zwischen dem medial vermittelten Bild der Gleichstellung und der realen Gleichstellung gibt. Frauen werden immer noch diskriminiert. Das bedeutet ausdrücklich nicht, dass nicht auch diskriminierende Tendenzen gegen Männer existieren. Aber was die Maskulinisten tun, ist, das eine gegen das andere auszuspielen: Weil Männer offenbar auch diskriminiert werden, wird gleich das ganze Augenmerk auf die Diskriminierung von Frauen negiert.

    Genau so liest sich der Artikel von Müller.

    Dabei dreht sich die Gleichstellungsfrage um „eine Gleichheit an Rechten […] sowie Gleichheit der Lebenschancen“ (Tasha #11). Mit Blick auf z.B. den Familienwunsch geht es deshalb um das Beseitigen von Barrieren, die eben jenem Wunsch entgegen stehen. Das betrifft sowohl Männer, als auch Frauen. Materiell (Geld, Kindergärten usw.) wie immateriell (Rollenbilder etc.). Wie oben angedeutet, schließt das mit ein, dass sich Gleichstellung nicht nur auf „Männer vs. Frauen“ reduziert, sondern z.B. auch auf die Frage der sozialen Durchlässigkeit abzielt. Ein weites Feld? Richtig. Und komplex obendrein.

    Aber eine angemessene Reflektion hatte Sebastian Müller mit seinem Pamphlet offenbar nicht im Sinn. Statt dessen reduzierte er Frauen auf Feminismus und diesen wiederum auf „fundamentalistischen Eifer“. Als ob fundamentalistische Eiferer(innen) überall zugegen sind und sich ob ihres Eifers nicht selbst ins Abseits schießen würden. Ich habe jedenfalls nicht den Eindruck, dass diese Fundamentalist(innen) sonderlich ernst genommen werden. Statt dessen tat das Müller offenbar. Davon eingeschüchtert malte er eifrig weiter das düsteres Bild einer feministischen Apokalypse.

    Insgesamt ist es also ein dürftiger Artikel, der vor Behauptungen strotzt, dem es aber an guten Gründen fehlt. Ein Pamphlet eben. Aber gut, das hätte auch aus der Selbstbetitelung des Beitrags ersichtlich sein können (Replik eines Machos). Irgendwie gehört das auch zum Meinungspluralismus, wie ihn Jens Berger auf Spiegelfechter.de vertritt (Spiegelfechter #18.4). Trotzdem würde ich mich freuen, demnächst einen etwas ausgewogeneren und reflektierteren Beitrag zu diesem Thema beim Spiegelfechter zu lesen.

    Mittwoch, 13. Juli 2011

    Rockiger Start in den Sommer ...

    Eigentlich wollte ich nicht ohne eine musikalische Einstimmung in die Ferne entschwinden. Und nun bin ja wieder da. Also Asche auf mein Haupt. Ich hole es hiermit nach: Rockige Sommerstimmung a la Motorpsycho.


    Tja und weil ich wieder im Lande bin, nun noch ein paar bildliche Impressionen meiner sommerlichen Umtriebe.


    Die seltsamen Pilze in der Diashow konnten übrigens im Musée du Champignon (St. Hilaire St. Florent, nahe Saumur) bewundert werden. Und drei Mal lässt sich raten: Ja, mensch konnte dort auch welche käuflich erwerben. Smilie by GreenSmilies.com

    Donnerstag, 30. Juni 2011

    Allgemeine Presseschau (Juni 2011)

    Mein Job bringt mit sich, dass ich hin und wieder quer durch die Welt gurke. Letzter Montag war wieder solch ein Tag, der, angesichts der angekündigten Hitze, zu leicht in ein bahnzügliches Martyrium hätte münden können.

    Tatsächlich fiel die Klimaanlage in einem Abteil meines Intercitys aus. Ich selbst fand das nun aber nicht wirklich zu warm dort. Eher bequem, wo da doch nicht so viele Leute saßen. Aber nichts da: Laut Verordnung XYZ dürfe ich mich da nicht breit machen. Also musste ich in ein anderes Abteil und mir dort den Zug mit Hechtsuppe gönnen. Toll!

    Aber ein guter Anlass, hier einmal auf meine Lieblingskolumne hinzuweisen: Denn Mely Kiyak motzte am Samstag (25.06.2011) wieder in ihrer herrlich, rotzfrechen Art über eben diese Deutsche Bahn. Ich selbst mag, nein: liebe, ihre Texte. Vielleicht nicht alle. Aber ich würde meinen, fast alle.

    Der häufig widerspenstige Humor ihrer Kolumne, die erfrischend jugendlich rüberkommt, gehört für mich einfach zu den Wonnemomenten der Woche. Davon abgesehen schrieb sie auch sehr ernste Beiträge, die ebenfalls einen eigenen Charme versprühen und gerade dadurch zum Nachdenken anregen. Auch, wenn ich sicher bin, dass sie's nie lesen wird: Danke dafür!

    Damit zu einem ersteren Thema: Dem Steuerbauch. Jens Berger, der Spiegelfechter, hat auf den NachDenkSeiten einen interessanten Beitrag zu eben diesem Thema geschrieben, den ich jedem und jeder gerne ans Herz legen möchte. Vor allem auch deshalb, weil ein gewisser Professor aus Heidelberg derzeit wieder mit seinen Reformvorschlägen zur Besteuerung in den Zeitungen ist.

    Heute ist der 30.06.2011 und damit leite ich über zu Tom Strohschneider im Freitag (26.06.2011), der die Verschleppung der Wahlrechtsreform kritisierte: Drei hingeworfene Jahre, so sein Fazit. Passend dazu der am 29.06.2011 getwitterte Hinweis von Bettina Hammer (Telepolis):

    "Wie stark sich die nervenaufreibende Situation für die Abgeordneten bemerkbar macht, zeigt sich deutlich daran, dass neben der Verlängerung der "Antiterrorgesetze" nicht einmal Zeit, Nerven und Kraft vorhanden waren, um ein Wahlrecht zu formulieren, dass den Vorgaben von Karlsruhe Stand hält. Der jetzige Entwurf wird nach der Sommerpause bearbeitet werden - die Frist, die das BVerfG setzte, endet am 30. Juni diesen Jahres."

    Ich hatte zwar schon vor ein paar Tagen darauf hingewiesen, aber ich denke, an diesem Tage sollte mensch nochmals auf dieses unrümliche Stück Politik aufmerksam machen. Sollte sich heute nichts ändern, können Sie, werte Leserschaft, den heutigen Tag als historisches Ereignis im geschichtsträchtigen Kalender notieren: Der 30.06.2011, der Tag, an dem sich die deutsche Politik von der Demokratie verabschiedete.

    Passend dazu gleich nochmal die Erinnerung an die Dresdner Datensammlungssauerei. Wie die Frankfurter Rundschau (22.06.2011) berichtete, hatte die Dresdner Polizei nicht nur anlässlich einer Anti-Nazi-Demo im Februar 2011 eine Funkzellenauswertung vorgenommen, sondern bereits 2009. Die Daten wurden natürlich nicht gelöscht.

    Wer sich dazu die Diskussion um die Aufbewahrung der Daten in Erinnerung ruft, wird hier all jene bestätigt finden, die damals schon vor Begehrlichkeiten warnten und kritisierten, dass weder die Datensicherheit noch die Löschung der Daten bei elektronischen Überwachungen gewährleistet sei.

    Zum gleichen Sachverhalt berichtete die taz (29.06.2011), dass nicht nur Bewegungsdaten aufgezeichnet wurden, sondern auch ganze Gespräche. Der Innenminister Ulbig (CDU) bestritt das allerdings. Überhaupt warf die Sächsische "c"DU Nebelkerzen, indem sie zum "Gegenangriff" überging und behauptete, dass mit den Vorwürfen zur Handy-Überwachung von linken Gewaltorgien abgelenkt werden sollte. Dagegen kritisierte selbst der Koalitationspartner FDP - vereinzelt - diese Überwachungsmethoden.

    Damit zu einem anderen Thema: Antiziganismus. Während mensch hierzulande für den Antisemitismus reichlich sensibel zu sein scheint, fristet der Antiziganismus - die "Zigeunerfeindlichkeit" - ein regelrecht stiefmütterliches Schattendasein. Dabei reicht ein Blick in die östlichen Gefilde Europas, um einfach nur empört zu sein. Aber auch in unserer unmittelbar westlichen Nachbarschaft spielt sich Fragwürdiges ab: Erst letztes Jahr, als Frankreichs Präsident Sarkozy mit den Räumungen sogenannter Roma-Lager den antiziganistischen Einstellungen der Französinnen und Franzosen Vorschub leistete.

    Jedenfalls berichtete Jeroen Kuiper im Freitag (18.06.2011) über die aktuelle Lage der Roma und Sinti in Ungarn. Sicherlich keine einfache Situation. Aber ich denke, gerade wir als Europäer haben da eine gewisse historische Verantwortung gegenüber diesen Minderheiten, die im Grunde schon immer von der Mehrheitsgesellschaft diskriminiert wurden. Offen gestanden: Die - auch moderne - Fortsetzung dieses Zustands halte ich für unerträglich.

    Nun will ich nicht zu einem Ungarn-Bashing anregen. Das wäre mir zu einfach, zumal die Ungarische Fidesz-Regierung "dank" ihres Mediengesetzes in letzter Zeit ohnehin in der (Europäischen) Kritik stand (Zeit, 08.03.2011). Auf der anderen Seite schießt die Ungarische Regierung einen Bock nach dem anderen: Jetzt wird gerade ein Gesetzesentwurf diskutiert, laut dem Erwerbslose schon mal zur Arbeit z.B. auf den Bau verpflichtet werden können. So berichtete Ralf Leonhard in der taz (30.06.2011):

    "Ein bereits im Ministerrat präsentierter Plan sieht vor, die Arbeitslosenunterstützung von derzeit neun Monaten auf 180 Tage zu begrenzen. Ein erster Entwurf zog sogar drei Monate in Betracht. Wer dann keinen Job hat, soll im Rahmen eines 'Ungarischen Arbeitsplans' zwangsverpflichtet werden können - unabhängig von der Qualifikation.

    Die Rede ist von großen Bauvorhaben, wie der Errichtung des neuen Stadions von Debrecen, der größten Stadt Ostungarns. Eine zweistündige Anreise zur Baustelle wird als zumutbar erachtet. Wer mehr als zwei Stunden entfernt wohnt, würde dann für die Dauer des Einsatzes in einer Containerstadt, also einem Lager, untergebracht werden."

    Das dürfte Vertreter(inne)n der FDP und CDU/CSU regelrecht das Wasser in die Augen treiben. Vom hierzulande üblichen Ein-Euro-Job zu solchen Ideen ist es ja nur ein kleiner Schritt. Sollte sich Ungarn am Ende als Experimentierwiese einer westlich-"neoliberalen" Politik erweisen?

    Zu einem anderen Thema: Florian Rötzler (Telepolis, 30.06.2011) berichtete über ein Papier zweier Wirtschaftswissenschaftler, die sich mit Kriegen, Globalisierung und Demokratie beschäftigten. Zugegebenermaßen könnte der Artikel etwas detaillierter sein. Dennoch gibt er ein paar interessante Ergebnisse dieser Stude preis:

    "Die Globalisierung hat keineswegs das Interesse an kriegerischen Auseinandersetzungen schrumpfen lassen und auch die Hoffnung, dass Demokratien die Lust am Krieg schwinden lassen, scheint zu trügen. Zwar sind Handel und Demokratisierung angestiegen, gleichzeitig aber auch Kriege. Zwischen Demokratie und Kriegen haben die Wissenschaftler keine Beziehung feststellen können, während Handelsoffenheit ein klein wenig die Bereitschaft zum Krieg zu mindern scheint."

    Insgesamt ein guter Anlass, sich etwas mehr mit dieser Studie und dem Thema zu befassen.

    Nun noch etwas zum Thema Kultur. Als ich letzte Woche auf Zeit-Online rumstöberte, traute ich meinen Augen kaum: Atari-Teenage-Riot scheinen wieder ein Album produziert zu haben. Für alle, die nicht wissen, wer ATR ist: Eine linke Anarcho-Techno-Kapelle aus Berlin. Zugegebermaßen ist deren Musik gewöhnungsbedürftig. Nicht jedeR wird sie lieben. Aber mit ihrer "Hetzjagd auf Nazis" wurden ATR am Anfang der 1990er regelrecht Kult.

    Um einen etwas anderen Medien-Kult ging es bei Toms Wochenschau. Passend zum Ende der Wetten-das-Gottschalk-Ära fragte er: Wann verschwinden Sie endlich von der Mattscheibe, Herr Gottschalk? Bei dem ganzen Hype, der in den Wochen davor um Gottschalk gemacht wurde, denke ich, dass Tom hier einen gut argumentierten Kontrastpunkt setzte. Das dort verlinkte Interview mit Kinsky zeigt, dass Gottschalk den Hype überhaupt nicht wert ist.

    Tja und zum Schluss ein kleiner Nachruf: Peter Falk alias "Columbo" ist am 23.06.2011 gestorben. Zwar wirkte Falk auf mich nie wie ein großer Star, aber er hatte dieses unerklärliche Etwas, das ihm meine Sympathie einbrachte. Das gelang ihm vor allem mit seinem Columbo, der ständig etwas schnuddelig und verstreut wirkte, damit aber seinen Schwejkschen Scharfsinn zu seinen Gunsten zu verstecken verstand. Was da häufig aufeinander prallte, war der Habitus der der gut gebildeten "oberen Zehntausend" und das gutmütig, proletarisch angehauchte Staunen des Angestellten Columbo. Das machte Spaß. Regelrecht legendär sein "Just another thing" (Ich habe da noch eine Frage ...).


    Nun verstarb Peter Falk am 23.06.2011. Mit ihm geht ein interessanter und engagierter Schauspieler. Lesenswerte Nachrufe auf Peter Falk gibt es von Daniel Kothenschulte (Frankfurter Rundschau) und auf dem Zeitgeistlos-Blog.




    Nicht ohne Grund fiel diese Presseschau etwas umfangreicher aus. Es wird zwar ggf. noch einen kleinen Beitrag geben, aber da ich in den nächsten Tagen wieder außer Landes bin, wird es jetzt erstmal etwas ruhiger werden. Ich bin mir aber sicher, dass es nach dem 12. Juli wieder etwas zu berichten gibt. Smilie by GreenSmilies.com