Montag, 1. Oktober 2007

Die Leiden mental minderbemittelter Hochleistungskräfte

Das ist wie ein Fluch, ich habe Abi – und seit Neustem wissen wir, dass das Abi nicht mehr einen Pfifferling wert ist. Gymnasiasten sind einfach zu blöd. Es müsste viel zu viel nachgeholt werden, auf der Uni. Na und von "der Wirtschaft" ganz zu schweigen: Der ewige Gruß, freundlicher Wirtschaftsleute lautet ja, "Och, mennoe, der blöde Staat versorgt uns mit Dumpfbacken!".

Tja, liebe Gymnasiasten und alle, die es werden wollen. Hier die schlechte Nachricht: Es wird auch nach dem Abi nicht besser! Doof bleibt doof, mit der Tendenz zum Noch-doofer-werden.

Jedenfalls stellten das ein paar Damen und Herren Wissenschaftler fest (siehe Links unten). Also, wenn die interessierte Leserin trotz enormer Konzentration meine Texte nicht versteht, dann liegt das an mir: Ich bin Akademiker, also bin ich blöd! Na gut, es kann auch an der eigenen Ausbildung der Leserin liegen: Wenn die Leserin also selbst AkademikerIn ist, dann ist das so, als ob zwei Blinde über Farben reden.

Denn nach obigen Damen und Herren Wissenschaftlern wären Akademiker nur selten in der Lage, ihr Wissen auf verständliche Weise in ein Wortkorsett zu pressen. Dabei würden doch gute Schreiberinnen dringend benötigt, z.B. für Lehr- und Fachbücher und für Bedienungsanleitungen.

Tja, wenn ich jetzt ehrlich sein soll, dann ist ja an dem Vorwurf auch etwas dran. Nein, nicht dass ich meine eigenen Texte nicht verstehen könnte: Heute, in Zeiten, in denen ich mit der Hand schneller tippe als mich mit dem Füller bewaffnet in kryptischen Künsten zu versuchen, ist das wahrlich kein Problem mehr. Aber ich kenne ja auch die Nulpen um mich rum – aus dem Studium. Mensch traut da seinen Augen kaum, was dort für Satzkonstrukte auf einen losgelassen werden. Nun mag das sicherlich am total verblödeten Studentenvolk liegen. Die andere Seite ist: Offenbar hat das Unvermögen zu Schreiben im Studium keine sonderlichen Auswirkungen. Es sind die Lehrkräfte, die solch einen Mist in Hausarbeiten (u.ä.) akzeptieren. Damit sei jetzt nicht nach einer absatzgerechten Blockwärterei geschrien! Aber die Benotung von Form und Ausdruck sollte schon nicht nur auf das Verfassen von Fussnoten und das Anlegen von Literaturverzeichnissen beschränkt bleiben.

Naja, aber wenigstens hat der Vorwurf der Damen und Herren Wissenschaftler auch noch etwas Selbstkritisches. Wer über das eigene Ziehgemüse motzt, weiß, dass die Gärtnerin wohl nicht wirklich gut gegärtnert hat. So gesehen ist es sehr mutig, wie Leute im Glashaus mit Steinen werfen. Das hat was von Selbstkasteiung. Ob dadurch Läuterung eintritt, mag ich allerdings zu bezweifeln.

Bemerkenswert trotz aller schönen Worte: Auf der Tagung kritisierten die Wissenschaftler einhellig, dass Studenten heute mit argen Existenzängsten und Depressionen beladen sind. Ein Zeichen dafür, dass sich eben nicht aller Aufwand materiell bewerten lässt; dass ein Studium Kraft kostet. Nur dürfte sich das Mitleid in der Bevölkerung nur sehr schwer aktivieren lassen, wenn wieder die mangelnde Durchlässigkeit, Chancengleichheit usw. an der Uni ein Thema ist. Dann mag sich der gemeine Prolet süffisant zurücklehnen und mit eiserner Hand versuchen, seine Geldbörse vor all zu gierigen Zugriffen zu schützen. Schließlich muss er ja nicht irgendwelche dekadenten und dazu auch noch total verblödeten Studenten aus ohnehin reichen Elternhäusern durchfüttern, oder?

Links
Studenten schreiben unverständlich (Netzzeitung.de).

Studenten können nicht verständlich schreiben
(N24).

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