Samstag, 30. Mai 2009

Arbo ... revisioniert.

Asche auf mein Haupt: In meinem letzten Beitrag habe ich auf einen Artikel von Arne Hoffmann hingewiesen, hatte mich vorher aber leider nicht genauer über den Autor informiert. Wie ich auf Wikipedia und Arendt Art lese, hat dieser Autor aber u.a. für die Junge Freiheit geschrieben, die u.a. als Sprachrohr der Neuen Rechten gilt.

Und ehrlich gesagt, habe ich damit ein Problem! Denn einerseits spüre ich zwar, dass sich islamophobe Tendenzen gesellschaftlich etablieren - und das geht mir deutlich gegen den Strich, nebst der ganzen Doppelmoral, die damit verbunden ist. Andererseits möchte ich in keiner Weise Wasser auf die Mühlen solcher Gruppierungen wie dem oben genannten Sprachrohr geben. Gerade, wenn ich in "meinem Viertel" ab und an den Slogan "Todesstrafe für Kinderschänder" lesen muss, lässt mir deren Klientel das Frühstück regelmäßig wieder hoch kommen! Bezüglich des verlinkten Artikels hinterließen die obigen Informationen bei mir jedenfalls ein mulmiges Gefühl.

"Nüchtern" betrachtet habe ich jedoch an dem unten verlinkten Beitrag zur "Buchvorstellung: Islamfeindschaft und ihr Kontext" (das Buch selbst entstand aus einer Konferenz "Feindbild Muslim Feindbild Jude") inhaltlich weiterhin nichts auszusetzen. Das Buch selbst scheint mir tatsächlich lesenswert. Allerdings bitte ich beim Lesen die oben beschriebenen Umstände im Hinterkopf zu behalten!

Naturgemäß gibt es beim Thema "Islamfeindschaft" ja durchaus Probleme mit dem rechten Rand, weil dieser sich jener islamophober Tendenzen als "Alibi"-Argument bemächtigen kann, um dann Teile seiner tatsächlich menschenfeindlichen Agitation in einem "unbeschwerteren" Licht erscheinen zu lassen. Das heißt aber nicht, dass dieses Thema zu ignorieren ist und dass die Thematik selbst automatisch für eine "rechte Gesinnung" steht. Ich selbst habe es oft erlebt, dass bestimmte soziale Werturteile gegenüber vermeintlichen Muslima und Muslimen geäußert wurden. Auch die mediale Beschäftigung mit dem Thema ist durchweg von negativen sozialen Werturteilen nur so durchtränkt.

Ergänzend zum letzten Video: Bereits am 29.12.2007 brachte es bereits Hagen Rether im Jahresrückblick des damaligen Scheibenwischers auf den Punkt.



Aus gegebenem Anlass möchte ich noch auf die aktuelle Broschüre "Leipziger Zustände" von Chronik.LE hinweisen: Sie widment sich der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in ihren verschiedenen Formen und enthält dazu einige Erläuterungen wichtiger Begriffe sowie Beiträge zum Thema "Fussball und Diskrimierung" sowie ein Interview mit Gunther Jähnig vom Behindertenverband Leipzig. Die Broschüre gibt es u.a. als PDF. Die Initiator|inn|en fordern dazu auf, diese Broschüre insbesondere an Schulen auszulegen und dort auch zu thematisieren.

Mittwoch, 27. Mai 2009

Islamfeindschaft aktuell

Tja, irgendwie läuft mir das Thema "Islamophobie" in der letzten Zeit wieder verstärkt über den Weg. Ich will mal mit gestern anfangen. Da war es mal wieder so weit: Neues aus der Anstalt mit einem hervorragenden Beitrag von Hagen Rether.





Mit dem Umstand, dass David Kermani den Hessischen Kulturpreis aberkannt bekam (worauf u.a. die Neue Züricher Zeitung mit Verwunderung reagierte), den Querelen um das NPD-Verbot, dem Kopftuchstreit und der "Teflonpfanne der Union" hielt er uns mal wieder einen Spiegel vor. Wirklich sehenswert!!!

Tja und dann musste ich in der SZ etwas lesen, worüber ich im ersten Moment nicht so genau wusste, ob ich lachen oder weinen soll. Also: Wenn Islamophobie jemals etwas positiv bewirkt hätte, dann ist das sicher in der Schlagzeile "Nazis gegen Thor Steinar" (SZ vom 27.05.2009) zu finden. Was war passiert? Ein "arabischer Investor" ist bei dieser rechten Markenklamotte eingestiegen. Das passte dann einigen Gesinnungsdeutschen nicht in ihr "komplexes Weltbild", worauf diese zum Boykott aufriefen.

Ebenfalls gestern bin ich auf einen interessanten Beitrag von Arne Hoffman gestoßen: Buchvorstellung: "Islamfeindschaft und ihr Kontext". Ich warne gleich einmal vor: Der Artikel ist lang. Aber er ist sehr lesenswert. Wie der Titel schon sagt, geht es um eine Buchvorstellung. Das Buch selbst ist aus einer Tagung des Zentrums für Antisemitismusforschung" entstanden, in der es um Parallelen zwischen Antisemitismus und Islamfeindschaft ging. Ich will's hier aber nicht ausführen, da der Beitrag wirklich lesenswert ist und deswegen gelesen werden sollte!

In dem Zusammenhang lief mir ein Leserbrief der Leipziger Studierendenzeitschrift "der student!" über den weg; dort ging es um die Leipziger Aktion "Fällt Dir was auf?", in der dazu aufgerufen wird, rassistische, antisemitische Sprüche sowie Diskriminierung zu melden. Um es kurz zu machen: Die Autorin des Leserbriefes hat die Studierendenvertretung gemeldet. Unter anderem heißt es dort:

"Es gibt viele ausländische Studenten, die immer wieder mit rassistischen Kommentaren konfrontiert werden. Die meisten von Ihnen sind, meinen Erfahrungen nach, arabische Studierende, die sich eher von eurer Form des Rassismus bedroht sehen." Quelle: hier.


Abschließend möchte ich noch eine generelle Anmerkung zum Begriff "Antisemitismus" los werden. Ich selber gebrauche diesen Begriff sehr selten - dieser Beitrag ist da wohl eine extreme Ausnahme. Der Grund liegt einfach darin, dass ich dieses Wort zum Teil für einen Kampfbegriff halte, der zum Teil eine ziemlich willkürliche Interpretationsspane aufweist. Dazu eine kleine Annekdote: Vor etwa zwei Jahren gab es hier in Leipzig, im Runden Eck, eine Veranstaltungsreihe zum Thema "Antisemitismus in der DDR". Ich selbst war sehr erstaunt, dass es sowas wirklich gab. Belege dafür waren Zeitschriften, die durchaus mit typischen antisemtischen Klischees spielten - sicher nicht im rassistischen Überschwang, aber deutlich genug. Was das betrifft, gibt es m.E. nichts zu deuteln. Als strittig, sogar extrem problematisch, empfand ich dagegen, wie ein Gedenkstein irgendwo - ich glaube - in Brandenburg als Symptom für Antisemitismus erwähnt wurde. Auf dem stand (sinngemäß): Den gefallenen Opfern des Antifaschismus. Jetzt befanden sich aber unter den Opfern vor allem Bürger jüdischen Glaubens. Das wurde von den Wissenschaftler|inn|en der Lesung in der Form ausgelegt, dass die DDR-Administration diese Opfer für sich vereinnahmt hätte und der Gedenkstein aus antisemitischen Erwägungen heraus nicht darauf hinwies, dass auch jüdische Bürger unter den Opfern gewesen seien.

Das mag ja vielleicht so sein. Das Problem ist nur: Hätte die DDR-Administration das Gegenteil getan, also Widerständler und andere Opfer aufgeführt, wäre das womöglich ebenso als antisemitisch oder rassistisch eingestuft worden. Dann hätte der Vorwurf Opferselektion gelautet.

Ähnlich problematisch ist es, wenn der Kritik am Zinsnehmen partout unterstellt wird, antisemitisch motiviert zu sein. Mensch mag es bereits ahnen: Die Zinskritik taucht nämlich sowohl bei den Christen, als auch im Islam auf. Ich will's an dieser Stelle nicht vertiefen, mir aber dennoch den Hinweis erlauben, dass die Kritik am Zins natürlich schon bei den antiken Griechen auftaucht. Wie mensch das also auch dreht, so bleibt der oben benannte Begriff mehr als problematisch: Er erfreut sich einer gewissen Beliebigkeit.

Sonntag, 24. Mai 2009

TV-Tipp: Die Stadt der Roma

Im 7-Tage-Angebot von ARTE gibt es mal wieder eine interessante Doku zu bestaunen: "Die Stadt der Roma".

Darin geht es u.a. um ein Projekt, in dem Sinti und Roma versuchen, ihre Kinder in normale bulgarische Schulen unterzubringen. Nebenher klingen dann aber alle möglichen Probleme an, mit denen die Roma und Sintis konfrontiert sind. Das geht von Korruption über die allgegenwärtige und deutliche Diskriminierung. Kaum zu glauben, dass es sowas in Europa (noch) gibt; was für Klischees dort u.a. geäußert werden. Es ist dieser unverfälschte Ton, der diese Doku so bemerkenswert macht. Gerade, weil in Deutschland momentan wieder soziale Werturteile über "Kinderreiche und Ahnungslose" medial kultiviert werden (Stichwort: Sarrazin), sollte diese Doku interessieren: Ähnliche Argumente tauchen nämlich auch hier gegenüber sozial benachteiligten Schichten auf, wenngleich sie weniger rassistisch motiviert sein mögen.

Die Doku ist noch ein paar Tage im Internet-Angebot von ARTE zu sehen und wirklich zu empfehlen: "Die Stadt der Roma" (2009) von Frederic Castaignede (Regie).

Donnerstag, 21. Mai 2009

Knalltütentag und Shiqadi in Concert

Ja, irgendwie muss ich nicht ganz "dicht" sein. Eigentlich hatte ich mir nämlich vorgenommen, heute mal wieder etwas Zeit für mich zu nehmen und was - auch immer - Tolles zu machen, aber das ging, mensch ahnt es schon, mal wieder kräftig nach Hinten los. Da lag also seit ein paar Tagen so ein kleiner Beitrag herum, den ich für meine Arbeit (Promotion) lesen wollte, den ich dann in den letzten Tagen auch tatsächlich mehrmals las, und heute etwas dazu schrieb, glücklicherweise auch gleich damit fertig wurde ... aber eben auch gerade erst merkte, dass es bereits 20.00 Uhr ist. Smilie by GreenSmilies.com

Naja, jetzt bin ich erstmal fertig. Und tolle Dinge gibt's wenigstens morgen. Das hoffe ich jedenfalls. Da ist nämlich "Betreuer" Arbo mit der ganzen Partyqadi-Bande auf Ausgang. Oder für Leute mit der extra langen Leitung: Morgen gibt's ein Konzert!

Konkret: 22.05.2009, 20 Uhr im 4 Rooms. Wir - SHIQADI - spielen dort in neuer Besetzung. Und weil ich schon ein paar Nachfragen hatte: Wir spielen als erste Band. Wer uns sehen will, sollte also am Besten pünktlich (!!!) da sein.

22.05.09 Leipzig


So, wer also Lust auf knorke Songs und fette Mugge hat, sollte vorbei kommen! Ich hoffe auf rege Beteiligung! In dem Sinne, bis morgen: Keep on rockin! Smilie by GreenSmilies.com


Samstag, 16. Mai 2009

Arbo spricht: über sarrazinäre Zustände!

Seit Donnerstag ist er mal wieder ganz "zitierfähig", der gute Herr Sarrazin. Was im ersten Moment wie die Zutat zu einem Brennsatz klingt, ist in der Tat ein brennstoffliches Element sondersgleichen: Sozialer Brennstoff!

Um was geht's also? Nun, "unser" Menschenfeind Sarrazin, seines Zeichens sPD-Mitglied, früher Finanzsenator in Berlin und jetzt im Vorstand der Bundesbank, durfte sich mal wieder als profunder Kenner der niederen Volksschichten zu erkennen geben.


"Gegenwärtig würden manche Frauen zwei, drei oder mehr Kinder in die Welt setzen, obwohl sie 'nicht das Umfeld' oder 'die persönlichen Eigenschaften' hätten, 'um die Erziehung zu bewältigen', erklärte Sarrazin dem Magazin zufolge."

"Weil Städte und Gemeinden die Heizkosten übernähmen, gingen die Bedürftigen oft verschwenderisch mit Energie um. 'Hartz-IV-Empfänger sind erstens mehr zu Hause; zweitens haben sie es gerne warm, und drittens regulieren viele die Temperatur mit dem Fenster', sagte Sarrazin dem Magazin zufolge."

Quelle: Sarrazin provoziert Hartz-IV-Empfänger und Problemfamilien (Stern).

Zusatzlink:
Thilo Sarrazin: "Kinder kann kriegen, wer damit fertig wird" (Stern)
.

Und nun mal ein Blick auf die Projektseite zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) an der Uni Bielefeld .


"Die humane Qualität einer Gesellschaft erkennt man nicht an Ethikdebatten in Feuilletons meinungsbildender Printmedien oder in Talkshows, sondern am Umgang mit schwachen Gruppen. [...]

Ein zentrales Problem unserer Gesellschaft steht hinter allen diesen Erscheinungsweisen, Instrumentalisierungen und Entwicklungen: Die Aufrechterhaltung oder gar Verstärkung der Ungleichwertigkeit von Gruppen und ihrer Mitglieder sowie die Auflösung von Grenzen zur Sicherung ihrer physischen und psychischen Integrität, die ihnen ein Leben in Anerkennung und möglichst frei von Angst ermöglichen.

Daher geht es immer wieder um die Frage, wie Menschen unterschiedlicher sozialer, religiöser und ethnischer Herkunft mit ihren verschiedenen Lebensstilen in dieser Gesellschaft leben, Anerkennung erfahren oder aber sich feindseligen Mentalitäten ausgesetzt sehen."

Quelle: GMF.

"Das Forschungsprojekt geht der Frage nach, wie Menschen unterschiedlicher sozialer, religiöser und ethnischer Herkunft sowie mit verschiedenen Lebensstilen in dieser Gesellschaft von der Mehrheit wahrgenommen werden und mit feindseligen Mentalitäten konfrontiert sind. Im Mittelpunkt steht also das, was wir die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nennen. [...]

Einbezogen sind darüber hinaus die Herabsetzung sexuellen oder sozialen Andersseins, d.h. die Abwertung von Obdachlosen, Homosexuellen und Behinderten sowie die Demonstration von Etabliertenvorrechten und Sexismus."

Quelle: Menschenfeindlichkeit - Was ist das?

"In einem 'vergifteten' Klima ist besonders darauf hinzuweisen, dass feindselige Einstellungen auf weitere, bisher noch nicht diskriminierte soziale oder kulturelle Gruppen ausgeweitet werden können. Abwertende Einstellungen können sozusagen überspringen. Wenn z.B. von Eliten eines Landes Ideologien der Ungleichwertigkeit offen vertreten werden, so stellt das eine gefährliche 'Chance' für ein solches Überspringen dar. "


Quelle: Wo liegt das Problem der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit?


Angesichts dieser Ausführungen der IKG zeigt sich meines Erachtens schon, dass dieser Herr Sarrazin ein ausgemachter Menschenfeind ist. Mir ist völlig unverständlich, dass so eine Person im Vorstand der Bundesbank tätig sein darf, immerhin ein Amt mit repräsentativer Außenwirkung! Da hilft auch nicht, dass sich die Bundesbank von Sarrazins Äußerungen "distanziert". Aber gut, das ist die eine Seite, über die ich hier nicht weitere Worte zu verlieren brauche. Das fand und findet anderswo im Internet statt, zum Teil vieleicht auch viel besser, als ich es vermag (z.B. beim Spiegelfechter, beim Freitag, auf adsinistram oder in der SZ).

Die andere Seite der Münze ist, dass Sarrazin offenbar soziale Werturteile bedient, die so bereits tief im sozialen (Unter-) Bewusstsein schlummern. Im Grunde ist es wohl auch das, was solche Studien wie die von Heitmeyer zu Tage fördern. Also Hand auf's Herz: Wem sind solche saudämlichen Sarrazin-Parolen nicht schon einmal in vertrauter Umgebung zu Gehör gekommen?

Ja, es fängt ganz harmlos an: Wenn sich jemand über das "asoziale Gesocks" vor den Kaufhallen beschwert; oder sich über die "Kinderreichen aus dem Erdgeschoss" aufregt, die den ganzen lieben langen Tag nichts anderes zu tun haben, als im Innenhof rumzulungern und zu lärmen (O-Ton: "Arbeiten habe ich die noch nie gesehen ... die sind da jeden Tag."). Dieses Monieren ist ja auch nur all zu verständlich, wo doch jede|r Steuern zahlt und die sich da einfach in die "soziale Hängematte" legen, oder? Wenn es dann um "gesunde Ernährung" geht, ist der Sprung zum Sozialdarwinismus auch nicht mehr weit.

Jeden Tag Pommes und Cola, ja, da muss mensch sich auch nicht wundern, wenn die in die Breite gehen! Für solche Leute dann Diabetis-Medikamente zahlen? Ist doch ein Witz! Und überhaupt: Die sind doch selbst Schuld! Fett und überfressen: das muss ja nicht sein. Selbst von Hartz-IV lässt sich doch wohl noch Gemüse kaufen, oder? Das Bund Möhrchen für 99 Cent? Der Plastekasten Rukola für 1,20 Euro?

Nun will natürlich keiner Nazi oder Rassist genannt sein! Igitt, nein, mit den Nazis hat mensch nichts zu tun. Und dann kommt das große ABER ...

Mensch muss ja mal zugeben, dass ... Es gibt ja auch Sozialmissbrauch! Und das Gemüse, dass ist ja nun wirklich nicht teuer ... und fettleibig sind die ALG-IIer doch wirklich, dass müsse mensch doch zugeben. Das müsse doch mal ehrlich gesagt werden. Auch, wenn das vielleicht krass klingen mag.

Kurz, mensch sonnt sich in seinem vermeintlichen Mut, "die Wahrheit" gesagt zu haben ... und die ganze argumentative Chose geht von vorne los.

Auf was ich hiermit hinaus möchte, ist: Klar, die Menschenfeindlichkeiten aus der Presse und der Politik, die gehen auch mir ehrlich gesagt mächtig auf den Docht! Abgesehen von bösen Emails und (Leser-) Briefen ist dort jedoch nicht wirklich viel zu erreichen. Außerdem ist das immer auch "anonym" und weit, weit weg von einem. Hat offenbar nicht viel mit einem selbst zu tun. Richtig übel empfinde ich es deshalb, wenn mir solche Parolen im eigenen Umfeld - egal ob auf Arbeit u.ä. - vor die Nase gesetzt werden. Darum halte ich es ein Stück weit aufrichtiger, den menschenfeindlichen Äußerungen dort zivil-couragiert entgegen zu treten. Das muss nicht moralisierend sein; kann ruhig humorvoll geschehen. Doch wenn einem etwas ins Auge fällt, sollte es auch deutlich angesprochen werden. Dabei muss aber auch kein Blatt vor den Mund genommen werden. Solche Äußerungen wie die von Sarrazin, Mießfelder, Clement usw. dürfen ruhig als das bezeichnet werden, was sie sind: nämlich als menschenfeindlich!

Dienstag, 12. Mai 2009

Arbo spricht: über Revolte!

Da äußern Herr Sommer (DGB) und Frau Schwan, dass sie wohl demnächst mit sozialen "Unruhen" rechnen und liefern gleichzeitig die Initialzündung für eine Debatte, die sich nun seit einigen Wochen schon hinzuziehen scheint (z.B. in der SZ, TAZ, FR, Netzzeitung und RP-Online). Gleichwohl gab z.B. auch Frankreich dazu Anlass, wenn ich an die "Festsetzung" dieser Manager bei Faurecia (Bossnapping) denke. Jedenfalls waren Herr Sommer und Frau Schwan in aller Munde. Auf ARTE gab es ein Diskussion, in der u.a. der EX-BDI-Chef Henkel zugegen war und in der es u.a. um das eben angesprochene "Bossnapping" ging. Auf Phoenix gab es diverse Talkrunden, in denen ebenfalls das Thema anklang. Und auch das Nachtjournal vom 10.05.2009 befasste sich mit dem Thema. Zu guter Letzt, gestern, Anne Will mit dem Thema Ehrenamt und Suppenküche/Speisetafel.

Das Erste, das mir seit diesen medialen Offenbarungen von Sommer und Schwan durch den Kopf ging, war: Na, wenn DIE davor warnen, dann ist sicher nicht wirklich was zu befürchten. Das Zweite war, dass ich mich fragte, woher die das eigentlich wissen wollen!

Das Problem ist doch, dass sie Zustände beklagen, die schon seit geraumer Zeit beklagt werden. Und das, immer und immer wieder. Jetzt entsteht der Eindruck, "die Krise" kommt und sorgt für soziale Verwerfungen, die zu Unruhen führen können. Nein, nicht die Krise kommt, sondern die sozialen Verwerfungen sind (!) eine Krise! Und wer es wissen wollte, der hat das auch vorher wissen können. Jetzt müssen sich solche Leute wie der Sommer, der ja Gewerkschafter ist, zu Recht fragen lassen, was sie gegen DIESE Krise getan haben! Statt jetzt vor "Unruhen" zu warnen, erwarte ich von einem Gewerkschaftschef eigentlich, dass er gleich voll loslegt. Damit meine ich ausdrücklich nicht irgendwelche Gespräche.

Und genau das ist das Problem: Mensch kann eine "Revolte" auch "totlabern". Deshalb sind die ganzen Bedenkenträger|innen auch so albern. Deren "Empörung" über Sommer und Schwan wirkt geradezu zynisch. Wirklich empört müssten die sein, in denen es schon länger rumort, die länger ALG II oder sonstige Repressalien erdulden müssen. Denn die hat vorher niemand sehen wollen. Jetzt, ach Wunder, da ist "die Krise" da ... und da entdeckt mensch erst ein "soziales Gewissen". Insofern ist die "Warnung" vor Unruhen eigentlich nichts anderes, als voraus eilender Gehorsam. Geradezu heuchlerisch: Sich einerseits betroffen zeigen, ob der sozialen Umstände; Partei ergreifen wollen. Aber andererseits dann das Warnen vor sozialen Unruhen. Warnung statt Solidarität! Irgendwie passt das nicht!

Dabei scheint mir die reale Chance für "soziale Unruhen" ehrlich gesagt nicht viel höher, als sie noch vor ein paar Jahren war. Gut, es kann sein, dass, wenn "die Krise" so richtig durchschlägt, sich dann durchaus das politische Klima verschärft. Aber "Unruhen"? Wenn ich mir überlege, wie viele Interessengruppen es gibt, befürchte ich eher eine weitere soziale Spaltung. Es kann also durchaus sein, dass die sogenannten menschenfeindlichen Einstellungen zunehmen (Stichwort: gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit). Es wird also vermutlich mindestens auf eine weitere Stigmatisierung und Ausgrenzung von sozial benachteiligten Schichten/Gruppen hinaus laufen.

Kurioserweise "lief" mir gestern noch ein interessanter Film von 1994 ("Flüstern & SCHREIEN 2") über den Weg. Erstaunlich, wie einige der dort geäusserte Dinge fast schon wieder in unsere heutige Zeit zu passen scheinen. So oder so ähnlich hören sich heute wieder vereinzelte Menschen an, nicht nur in Talkshows. Ob solche Kritik aber wirklich auseicht, um für "Unruhen" zu sorgen, das mag ich ehrlich gesagt zu bezweifeln.


Sonntag, 3. Mai 2009

Arbo spricht: über Hochschule

Unter dem Titel "Studieren? Funktionieren!" geht flatter von "Feynsinn" den Bologna-Prozess und das Bachelor-System kritisiert. Anlass gab ihm "Macht Studieren dumm?" aus der Zeit. Dort häufen sich seit Längerem jene Artikel, die sich mit dem Bachelor-System und der generellen Hochschulsituation auseinander setzen.


Auswahl diverser Artikel

Nun gut, ich habe mich dazu hinreißen lassen, den erwähnten Blogeintrag von flatter zu kommentieren (hier).

Um es mal "kurz" zusammenzufassen: Ich halte die Kritik am Bachelor-System ebenfalls für berechtigt. Allerdings kommen hier zwei wichtige Dinge zusammen. Einmal die zum Teil lieb- und fantasielose Umsetzung der Bachelorstudiengänge. Oftmals ist es ja nur eine "Aufteilung" des Diplominhalts in Bachelormodule. Dazu gehört dann auch das Problem, dass vielerorts das alte Diplomsystem einfach mal so - ohne Not - über Bord geworfen wurde. Somit steht mensch praktisch mit dem Rücken zur Wand.

Andererseits sind die Studierenden heute natürlich immer noch mit den Krankheiten des alten Systems konfrontiert: Geringe Betreuung, Finanzierungsprobleme (Stichwort: soziale Durchlässigkeit / Mobilität) und mangelnder Pluralismus in der Lehre.


Letzteres wird mit dem Bachelor-System in geradezu paradoxer Weise besonders deutlich. Bildlich gesprochen zwängt sich ein altes, bierbauchiges Hochschulsystem in ein hautenges, viel zu kleines "Girlie-Top". Und dort wo Letzteres nicht aus allen Nähten platzt, sieht's trotzdem einfach nur ... Grütze aus!

Auffällig ist, dass die Kritik eigentlich zu spät einsetzt. Gut, Kritik gab es schon immer. Aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass in letzter Zeit das Interesse auf einmal stärker ausfällt. Warum aber jetzt und nicht schon vorher? Es kann sein, dass erst jetzt die Mängel der Umsetzung spürbar werden. Aber jeder hätte m.E. sehen und wissen können, dass vielerorts die Umsetzung mangelhaft ist!

Ein anderer Grund mag vielleicht daran liegen, dass das Uni-System bereits seit Längerem nicht gerade durch seine soziale Durchlässigkeit glänzte. Das erklärt vielleicht das geringe Engagement z.B. gegen Studiengebühren. Warum sollten sich die Zöglinge der Besserbetuchten auch für die Frischlinge des niederen Fußvolks einsetzen? Woher soll bei denen überhaupt "Sympathie" oder Einsicht in die Notwendigkeit kommen? Die Hochschule ist, glaubt mensch den entsprechenden Studien, ein Ort sozialer Auslese. Das hat natürlich seine Auswirkungen!

Samstag, 2. Mai 2009

Was ist: Vegetarismus?

Ja irgendwie war das schon komisch, als ich in dem Reisebegleitbuch zu meinem letzten Auslandsaufenthalt las, dass manche Vegetarier|innen wohl auch Huhn und Fisch essen. Gut, gehört hatte ich sowas schon, aber ist das wirklich vegetarisch?

Laut Wikipedia (2009) bedeutet, sich vegetarisch zu ernähern, zunächst erst einmal, nur pflanzliche Lebensmittel, Pilze oder Produkte aus Bakterienkulturen zu verzehren. Dazu lassen sich noch folgende Ausprägungen unterscheiden:


[1] ovo-lacto-vegetarisch: zusätzlich Milch- und Eiprodukte,
[2] lacto-vegetarisch: zusätzlich nur Milchprodukte,
[3] ovo-vegetarisch: zusätzlich nur Eiprodukte, und
[4] streng vegetarisch: keine Lebensmittel tierischen Ursprungs.


Das sieht zunächst etwas kompliziert aus, wenn mensch jedoch bedenkt, dass z.B. Nudeln bei uns üblicherweise mit Eiern zubereitet werden, erscheint diese Einteilung schon recht plausibel für jemanden, der sich streng vegetarisch ernähren möchte. Ich selbst hatte in der Türkei z.B. das Problem, dass ich mir bei der "Gemüsesuppe" nicht sicher sein konnte, dass da keine Hühnerbrühe verwendet wurde.

Aber nochmal konkret zum "streng Vegetarischen": Ich weiß zwar, dass es umgangssprachlich oft üblich ist, diesbezüglich von "veganen" Produkten zu sprechen. Aber inhaltlich scheint es mir schlicht nicht korrekt zu sein, weil zum Veganismus mehr als nur streng vegetarische Ernährung gehört! Denn Veganer|innen achten darauf, gänzlich keine Tierprodukte zu nutzen. Das fängt bei der Kleidung an, geht über Kosmetik und umfasst letztlich natürlich auch die Ernährung. Ich betone das deshalb, weil ich mitunter den Eindruck habe, dass "vegan" ob seines recht exotischen und hippen Klangs fast schon inflationär ge(miss)braucht wird: Es gibt eine Reihe von Leuten, die sich "vegan" bezeichnen mögen, aber keine Veganer|innen sind. Was ist schon ein veganes Lebensmittel, wenn die Konsumenten dann doch wieder in die Lederstiefel schlüpfen? Ich hatte vegan immer auch als eine Art Lebenshaltung empfunden, die sich nicht nur auf Lebensmittel beschränkt. Aber gut, darin kann ich mich täuschen.

Genug gemotzt. Zurück zur Eingangsfrage: Wenn ich das richtig überblicke, fällt der Huhn- und Fischkonsum ausdrücklich nicht unter das Vegetariertum. Für Personen, die Fleisch meiden, aber Fisch und andere Tierprodukte verzehren, gibt es laut Wikipedia (2009) die Bezeichnung Pescetarier|innen. In dem Aufsatz von KUHN (1999) findet sich noch eine Ausprägung namens "Ovo-lacto-pisce-VegetarierInnen": Damit bezeichnete KUHN (1999) Personen, die sich vegetarisch ernähren, Milch- und Eiprodukte zu sich nehmen sowie auch Fisch essen. Ich persönlich (!) halte das aber nicht mehr für wirklich vegetarisch.

So, ich hoffe, die interessierten Leser|innen haben wieder etwas gelernt. Ich bin jetzt jedenfalls wieder etwas schlauer. Smilie by GreenSmilies.com Für Interessierte gibt es weiter unten noch ein paar Links zur Thematik.


Tipps
Wer übrigens streng vegetarische Finger- und Schnellkost austesten will, der sollte mal die Vleischerei in der Zschocherschestr. 23 (Plagwitz, Nähe Felsenkeller) aufsuchen. Wenn mensch den sogenannten "Vöner" (streng vegetarische Version eines "Döners") ignoriert, gibt's dort wirklich SEHR leckere Sachen. Einfach nur empfehlenswert!!!

Wem das nicht passt, der kann noch das Zest in der Bornaische Strasse 54 besuchen.


Links
Der Aufsatz "Vegetarismus" von Nadja Kuhn aus dem Jahre 1999 (Stand: 01.05.2009).
Wikipedia 2009, Stichwort: Vegetarismus (Stand: 29.04.2009).
Veganwelt (Stand: 29.04.2009).
Vleischerei, (streng) vegetarisches Bistro. (Stand: 30.01.2009)
Restaurant Zest