Dienstag, 8. März 2022

Kritischer Blick auf den Kriegsdiskurs

Bei Jung und Naiv/ Tilo Jung war gerade der Historiker Wolfgang Eichwede zum Thema »Ukraine« im Interview (auf Youtube). Insgesamt sind es um die 3 Stunden. Und ja, mensch muss nicht allem zustimmen und Eichwede versucht schon auch merklich, bestimmte Klippen zu umschiffen und keinem Argument der russischen Administration Futter zu geben. Ehrlich gesagt habe ich auch einen gewissen politischen Bias erwartet, schließlich ist er u. a. mit der Menschenrechtsorganisation Memorial – die im Dezember 2021 durch ein Urteil des obersten Gerichts Russland aufgelöst wurde – verbunden. Nichtsdestotrotz lohnt es sich, hin- und zuzuhören. 


Samstag, 5. März 2022

Support the people, not governments

Es herrscht wieder Krieg. Und zwar in Europa. Kein innerstaatlicher Krieg, kein Bürgerkrieg, sondern die russische Armee marschierte in der Ukraine ein. Es wäre zu viel gesagt, zu behaupten, mich hätte das komplett aus der Bahn geworfen. Aber ich fühle mich ehrlich gesagt überfordert. So eine Situation habe ich bislang nicht erlebt.

Zunächst scheint wie immer die Kriegspropaganda anzulaufen: Der Konflikt erfährt eine personalisierte Zuspitzung, es wird psychologisiert, das Gegenüber als irre, nicht zurechnungsfähig usw. deklariert. Die andere Seite wird zum bewundernswerten Helden stilisiert. Das ist ein bekanntes Muster, mensch kennt vor allem den abwertenden ersten Teil vom Irren aus Bagdad (Hussein), dem »Schlächter des Balkans« (Milošević), dem Irren von Tripolis (Gaddafi)… Üblicherweise ist es die Endsequenz solcher Diktaturen, wo es nicht mehr um einen Dialog geht. Um Dialog soll es auch nicht mehr gehen, mensch braucht ein klares Feindbild. Aktuell lese ich nun auch vom irren, wahnsinnigen, drogenabhängigen usw. Putin. Putin der Lügner, der »den Westen« an der Nase herumführt und Regierungschefs dick in die Tasche lügt. Die News, die in den letzten Tagen in die sozialen Netzwerke gesetzt werden, sprechen davon, dass Putin sich zurückgezogen habe, er ideologische Sachen lese – das wirkt geradezu wie eine Reminiszenz von Hitlers letzten Tagen im Führerbunker. Und mehrmals ertappte ich mich bei dem Gedanken, ob mensch auch über andere Regierungschefs kriegsführender Länder – die USA, Frankreich, Deutschland … – in dieser Form in westlichen Medien schreiben würde. Sind es üblicherweise nicht immer »die anderen«, die so dargestellt werden?