Donnerstag, 6. Dezember 2007

Bildungsbarrieren, Hartz-IV-Monster & Hysterie-Blödsinn

In der taz erschien mit „Unsichtbare Klassenschranken“ von Ulrich Raiser ein interessanter Artikel über die sozialen Barrieren im Bildungssystem. Dort heißt es u.a.

“Viele dieser Eltern verfügen aber über ein gutes Gespür für die unsichtbaren Klassenschranken, die ihre Kinder in einem akademisch geprägten Setting überwinden müssen. Das Stigma des Außenseiters kann nur kompensieren, wer mit besonders guten Leistungen aufwartet. Man kennt diesen Mechanismus aus der Genderdebatte, der Rassismusforschung ebenso wie aus den Diskussionen um die Aufstiegschancen von Kindern aus Einwandererfamilien.“

Quelle: taz.


Ebenfalls in der taz erschienen: „Das Monster“ von Barbara Dribbusch, die sich dort mit Hartz-IV als „Bürokratiemonster“ auseinandersetzt.

“ Zwei große Bruchstellen gibt es bei der Umsetzung der Hartz-IV-Regelungen, die im Sozialgesetzbuch II festgehalten sind. Eine davon ist die Schwierigkeit, die Bedarfslage von Einzelfällen per Gesetz pauschal zu regeln. […]
Die Hartz-IV-Gesetze mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollten Bürokratie vereinfachen, auch indem viele Leistungen pauschaliert wurden. Doch entgegen der politischen Idee, den bürokratischen Aufwand durch Pauschalierungen zu vermindern, landen die Einzelfallprüfungen nun nicht mehr wie früher bei den Mitarbeitern des Sozialamts, sondern bei der Justiz. […]
Die zweite Bruchstelle liegt schon im Vorfeld der Gerichte, bei den Jobcentern. Denn auch dort sind die gesetzlichen Regelungen nur störungsreich umzusetzen. […]
Und schon im Vorfeld der juristischen Verfahren, beim Einlegen von Widersprüchen gegen Bescheide durch die Jobcenter, bekämen 40 Prozent der Leistungsempfänger recht.“

Quelle: taz.


Ebenfalls etwas länger, aber aus meiner Sicht ganz lesenswert ist „Panikmache und Politik“ von Walter Krämer, den ich kürzlich über eine Verlinkung im Tanelorn fand. Darin geht es u.a. um die Risikowahrnehmung bzw. wie diese u.a. in der Politik eingesetzt wird.

“Anders als das Betrachten von Pornoheften, für das wir ins Fegefeuer kommen, ist das Inhalieren von Asbestfasern tatsächlich gefährlich. Z.B., wenn man es in großen Mengen tut. Aber was ist eine große Menge? Der Eingreifwert für eine Asbestsanierung ist eine Belastung von 1000 Fasern pro Kubikmeter Luft (zum Vergleich: die sogenannte MAK-Liste hält eine Belastung von 250.000 Fasern pro Kubikmeter Luft für ungefährlich). Wenn wir einem Menschen, der dieser Belastung ein Jahrzehnt lang unterliegt, ein Risiko von 1 zuordnen, dann hätte Tod durch Blitzschlag den Risikowert drei, ein tödlicher Fahrradunfall 75, ein ebensolcher Fußgängerunfall 290, ein Flugzeugabsturz 730 und der Tod durch Lungenkrebs 8800. Das Krebs-Risiko von Kindern, deren Eltern rauchen, ist durch Passivrauchen etwa hundertmal höher als die Krebsgefahr durch Asbest in einem Schulgebäude. Die durch die Medien ausgelöste Asbest-Panik war eine der unsinnigsten Geldvernichtungsaktionen der Nachkriegsgeschichte in Deutschland, aber auch in anderen reichen Industrienationen, und die einzigen, denen die Asbestsanierung wirklich geholfen hat, waren die Asbestsanierer selbst.“



Insbesondere die letzten beiden Schriftstücke sind etwas länger, aber dennoch recht informativ.

Links

Unsichtbare Klassenschranken“ von Ulrich Raiser, taz

„Das Monster“ von Barbara Dribbusch, taz

„Panikmache und Politik“ von Walter Krämer

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