Samstag, 18. Februar 2017

Die Trump-Wochen



Eigentlich hatte ich bereits ein paar wesentliche Gedanken zum Thema „Trump“ bzw. zum medialen Umgang mit ihm geschrieben. Die Debatte ist dadurch gekennzeichnet, dass Trump zwar viele gute Gründe an die Hand gibt, um sich über ihn aufzuregen, gleichzeitig aber hier in einer Weise über ihn berichtet wird, die wir eher gegenüber Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis kennen und die mittlerweile auch an den Umgang mit Putin, Assad und Saddam Hussain herankommt.


Was es so schwierig und unangenehm macht, ist, gegenüber jemanden wie Trump dann mehr oder minder Sachlichkeit einzufordern. Im Grunde müsste der mediale Hype erstmal heruntergekocht werden. Denn was das aktuelle Klima begünstigt, ist die typische Feind-Argumentation, in der dem Gegenüber Kompetenz abgesprochen und die Person lächerlich gemacht wird: es reicht dann, einfach vom Idioten im Weißen Haus zu sprechen, auf seine Frisur zu verweisen, irgendeine blöde Äußerung heranzuziehen, schon ist alles klar, dann braucht mensch auch nicht tiefer zu bohren. Eine sachliche Diskussion ist damit kaum noch möglich.

Weil das im letzten Beitrag vielleicht etwas lose im Raum stand, will ich das einmal kurz an einem Beispiel verdeutlichen. Mir geht es dabei auch darum, dem wohlfeilen Gegenargument vorzubeugen, die geforderte Sachlichkeit würde einzig einer Relativierung der negativen Trump-Aspekte dienen.

Schutz- und Erziehungszölle


Nehmen wir einmal die Schutzzölle. Trump möchte u. a. Importe mit Zöllen belegen, um somit offenbar die Nachfrage auf Produkte einheimischer Unternehmen zu lenken (Handelsblatt, 27.01.2017).

Was bei der Gegenargumentation häufig außer Acht gelassen wird, ist, dass es sich dabei um keine neue Idee handelt. Historisch betrachtet gab es diese Politik auch schon früher in den USA und diese beeindruckte u.a. Friedrich List (1789-1849) derart, dass er diese Idee wissenschaftlich fundierte. Die Überlegung ging dahin, Staaten mit schwacher Wettbewerbsposition zumindest zweitweise zu schützen, bis sie „auf Augenhöhe“ mit anderen in den Wettbewerb treten können. Wer will, kann das als eine frühe „globalisierungskritische“ Haltung bezeichnen. Diese Überlegung wurde später im deutschsprachigen Raum unter dem Begriff „Erziehungszoll“ bekannt und könnte auch heute noch Teil einer „linken“ Politik sein. Zumindest könnte sie Teil eines Vorhabens sein, das bestimmte „schwache“ Staaten nicht einfach so dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb zum Fraß vorwirft.

Klar ist aber auch: Wer das heute fordert, befindet sich abseits neoliberaler Vorstellung und „Gepflogenheiten“. Schlimmer noch: Dem „neoliberalen Zeitgeist“ ist es nun ein Leichtes, einfach darauf zu verweisen, dass Trump so etwas macht, um eine derartige Politik zu diskreditieren. Ob und inwiefern solche Schutz- oder Erziehungszölle Sinn machen, das muss dann nicht mehr diskutiert werden. Insofern ist die an der Oberfläche kratzende Kritik an Trump sogar von „linker“ Seite eher noch ein Schuss ins eigene Knie.

Natürlich kann ein Schutzzoll auch missbraucht werden. Keineswegs muss es um „fairen“ Welthandel gehen, sondern die Politik kann auf diese Weise in einen Protektionismus führen, in dem die eigene ohnehin schon starke Position weiter gestärkt wird. Ob das z. B. bei Trump vorliegt, das könnte diskutiert werden – allerdings nicht in dem eben beschriebenen Klima, das derzeit vorherrscht. Es liegt auf der Hand, dass es damit vor allem auch „linke“ Überlegungen schwer haben, denn dort steht erst einmal die Distanzierung von Trump an. Diese fällt umso schwerer, um so oberflächlicher in den Reigen der Trump-Kritik eingetreten wird.

Richtig verlogen wird die Diskussion aber dadurch, dass sich die EU auch nie zu schade für eine Politik war, die heute Trump als „protektionistisch“ vorgeworfen wird. Ein Beispiel dafür bietet der Bereich Solar, in dem vor noch nicht allzu langer Zeit die Billig-Importe aus China vermieden werden sollten. Umgesetzt wurde das mit einem Sonder-Deal (ja, der Begriff war damals schon im Gebrauch), der eine gewisse Preisunterschwelle für chinesische Produkte vorsah: Diese Untergrenze sollte nicht unterschritten werden, sonst würde ein Zoll von 48 Prozent fällig (Tagesthemen, 02.12.2013).

Genau daran zeigt sich die Doppelmoral in der Diskussion um Trump. Ebenso zeigt sich, dass es in der Diskussion gar nicht um Inhalte geht. Eine sachliche Auseinandersetzung sieht anders aus. Und mehr noch, es besteht der Eindruck, dass der Neoliberalismus im Gewandt der Trump-Kritik fröhliche Urstände feiert.


Mediale Trump-Präsenz


Der eigentliche Anlass dafür, dass ich Trump noch einmal thematisiere, liegt aber in der medialen Präsenz, die derzeit unübersehbar ist. Zwar wird immer mal wieder auch über andere Dinge berichtet, aber das geht in der Überpräsenz des Themas „Trump“ unter. Jedenfalls war das mein Eindruck der letzten Wochen und speziell der letzten Woche. Dazu muss mensch nur einmal auf die bekannten Quasselbuden-Shows schauen. Den „Spaß“ habe ich mir mal gemacht: Phoenix-Runde, Internationaler Frühschoppen, Maischberger, Hart aber fair und Maybrit Illner. Was sich anhand dieser kleinen, ausgewählten Menge sehen lässt, ist, dass wir uns seit Januar im Trump-Dauerbeschuss befinden. Wie das ausschaut? In etwa so:



Den Vogel schießt hier natürlich Phoenix mit der Phoenix-Runde ab – da ist fast jede Woche etwas von Trump, sogar mehrfach. Diese Sendung sorgt dann dafür, dass sogar mehrfach am Tag die Trump-Aversion bedient wird.

Aber nicht nur der Umstand, dass so massiv über Trump berichtet wird, ist merkwürdig. Sonderbar wirkt auch der negative Kontext, der mit den Titeln der Sendungen vermittelt wird. Das gibt all jenen Nahrung, die hinter jeder Berichterstattung eine mediale „Kampagne“ wittern. Ich persönlich glaube eher, dass es der im Journalismus vorherrschende Habitus ist, der für diese Einseitigkeit sorgt. Nichtsdestotrotz bleibt es aber einseitig und in der Einseitigkeit zudem auch noch oberflächlich.

Damit schließt sich wieder der Kreis zu meinem obigen Hinweis, dass es eigentlich nicht um sachliche Auseinandersetzungen geht. Besonders fragwürdig ist, dass es vor allem Sendungen im öffentlich rechtlichen Fernsehen sind, die hier für die Medienpräsenz des Themas „Trumps“ und die negative Deutung sorgen.

(Update 22.02.2017, stilistische Änderungen)

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