Mittwoch, 27. Mai 2009

Islamfeindschaft aktuell

Tja, irgendwie läuft mir das Thema "Islamophobie" in der letzten Zeit wieder verstärkt über den Weg. Ich will mal mit gestern anfangen. Da war es mal wieder so weit: Neues aus der Anstalt mit einem hervorragenden Beitrag von Hagen Rether.





Mit dem Umstand, dass David Kermani den Hessischen Kulturpreis aberkannt bekam (worauf u.a. die Neue Züricher Zeitung mit Verwunderung reagierte), den Querelen um das NPD-Verbot, dem Kopftuchstreit und der "Teflonpfanne der Union" hielt er uns mal wieder einen Spiegel vor. Wirklich sehenswert!!!

Tja und dann musste ich in der SZ etwas lesen, worüber ich im ersten Moment nicht so genau wusste, ob ich lachen oder weinen soll. Also: Wenn Islamophobie jemals etwas positiv bewirkt hätte, dann ist das sicher in der Schlagzeile "Nazis gegen Thor Steinar" (SZ vom 27.05.2009) zu finden. Was war passiert? Ein "arabischer Investor" ist bei dieser rechten Markenklamotte eingestiegen. Das passte dann einigen Gesinnungsdeutschen nicht in ihr "komplexes Weltbild", worauf diese zum Boykott aufriefen.

Ebenfalls gestern bin ich auf einen interessanten Beitrag von Arne Hoffman gestoßen: Buchvorstellung: "Islamfeindschaft und ihr Kontext". Ich warne gleich einmal vor: Der Artikel ist lang. Aber er ist sehr lesenswert. Wie der Titel schon sagt, geht es um eine Buchvorstellung. Das Buch selbst ist aus einer Tagung des Zentrums für Antisemitismusforschung" entstanden, in der es um Parallelen zwischen Antisemitismus und Islamfeindschaft ging. Ich will's hier aber nicht ausführen, da der Beitrag wirklich lesenswert ist und deswegen gelesen werden sollte!

In dem Zusammenhang lief mir ein Leserbrief der Leipziger Studierendenzeitschrift "der student!" über den weg; dort ging es um die Leipziger Aktion "Fällt Dir was auf?", in der dazu aufgerufen wird, rassistische, antisemitische Sprüche sowie Diskriminierung zu melden. Um es kurz zu machen: Die Autorin des Leserbriefes hat die Studierendenvertretung gemeldet. Unter anderem heißt es dort:

"Es gibt viele ausländische Studenten, die immer wieder mit rassistischen Kommentaren konfrontiert werden. Die meisten von Ihnen sind, meinen Erfahrungen nach, arabische Studierende, die sich eher von eurer Form des Rassismus bedroht sehen." Quelle: hier.


Abschließend möchte ich noch eine generelle Anmerkung zum Begriff "Antisemitismus" los werden. Ich selber gebrauche diesen Begriff sehr selten - dieser Beitrag ist da wohl eine extreme Ausnahme. Der Grund liegt einfach darin, dass ich dieses Wort zum Teil für einen Kampfbegriff halte, der zum Teil eine ziemlich willkürliche Interpretationsspane aufweist. Dazu eine kleine Annekdote: Vor etwa zwei Jahren gab es hier in Leipzig, im Runden Eck, eine Veranstaltungsreihe zum Thema "Antisemitismus in der DDR". Ich selbst war sehr erstaunt, dass es sowas wirklich gab. Belege dafür waren Zeitschriften, die durchaus mit typischen antisemtischen Klischees spielten - sicher nicht im rassistischen Überschwang, aber deutlich genug. Was das betrifft, gibt es m.E. nichts zu deuteln. Als strittig, sogar extrem problematisch, empfand ich dagegen, wie ein Gedenkstein irgendwo - ich glaube - in Brandenburg als Symptom für Antisemitismus erwähnt wurde. Auf dem stand (sinngemäß): Den gefallenen Opfern des Antifaschismus. Jetzt befanden sich aber unter den Opfern vor allem Bürger jüdischen Glaubens. Das wurde von den Wissenschaftler|inn|en der Lesung in der Form ausgelegt, dass die DDR-Administration diese Opfer für sich vereinnahmt hätte und der Gedenkstein aus antisemitischen Erwägungen heraus nicht darauf hinwies, dass auch jüdische Bürger unter den Opfern gewesen seien.

Das mag ja vielleicht so sein. Das Problem ist nur: Hätte die DDR-Administration das Gegenteil getan, also Widerständler und andere Opfer aufgeführt, wäre das womöglich ebenso als antisemitisch oder rassistisch eingestuft worden. Dann hätte der Vorwurf Opferselektion gelautet.

Ähnlich problematisch ist es, wenn der Kritik am Zinsnehmen partout unterstellt wird, antisemitisch motiviert zu sein. Mensch mag es bereits ahnen: Die Zinskritik taucht nämlich sowohl bei den Christen, als auch im Islam auf. Ich will's an dieser Stelle nicht vertiefen, mir aber dennoch den Hinweis erlauben, dass die Kritik am Zins natürlich schon bei den antiken Griechen auftaucht. Wie mensch das also auch dreht, so bleibt der oben benannte Begriff mehr als problematisch: Er erfreut sich einer gewissen Beliebigkeit.

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