Montag, 21. Februar 2011

Olaf, der "Lightbringer" ...

In Hamburger wird Olaf Scholz von der SPD mit seinem Wahlergebnis von um die 48% als Eroberer (FR) gefeiert, fast so, als ob er die "alte Tante" (SPD) wieder auf den "rechten" Pfad der Tugend brächte. Allerdings: Bei Scholz scheint das "Soziale" allein im Titel seines Parteibuch groß geschrieben zu werden.

Zur Erinnerung. 2001 drängte Scholz als damalige Innensenator von Hamburg zur "zwangsweisen Brechmittelverabreichung" (siehe auch ein Interview im SPON). Dieses Vorhaben stand in reger Kritk, u.a. seitens der Hamburger Ärzte-Kammer. Dieser Aspekt sei vor allem deshalb erwähnt, weil Scholz sich in dieser "harten" Gangart rein gar nichts von jenen Einstellungen nimmt, die für gewöhnlich die "Konservativen" öffentlich zur Schau stellen. Von einem aus der SPD, auch - oder gerade - wenn er sich als "liberal" einschätzt, müsste mensch eigentlich etwas anderes erwarten dürfen.

Als Bundesminister für Arbeit und Soziales (2007-2009) schlug er 2008 vor: Erstens den Zoll aufzubessern, um ganz besonders effizient gegen "Schwarzarbeit" vorzugehen; und zweitens wolle er die Krankenmeldungen der Langzeitarbeitslosen stärker kontrollieren (siehe Tagesspiegel). Ulrike Herrmann von der taz schrieb damals zu Recht:
Langzeitarbeitslose, so wird suggeriert, täuschten ihre Erwerbslosigkeit nur vor, um den Sozialstaat auszubeuten. Flugs wird die Massenarbeitslosigkeit zu einer optischen Täuschung: Eigentlich seien die meisten beschäftigt - nur eben allzu viele schwarz. [...]
In dieses Muster passt auch der zweite Vorschlag von Scholz, die Krankmeldungen der Langzeitarbeitslosen stärker zu überprüfen. Wieder wird unterstellt, dass Hartz-IV-Empfänger mogeln.
Wie dämlich gerade sein Vorschlag zur Verbesserung der Kontrolle von Schwarzarbeit war, darauf habe ich selbst damals bereits hingewiesen: Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die dafür zuständig ist, untersteht nämlich dem Bundesfinanzministerium und fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dem Scholz damals vorstand.

Und noch ein Punkt, der "das Soziale" bei Scholz ins Wanken bringt. 2008 war nämlich auch das Jahr, in dem der dritte Armuts- und Reichtumsbericht vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegeben wurde. Als damaliger Bundesminister ist Scholz natürlich dafür verantwortlich und darf sich die entsprechende Kritik um die Ohren hauen lassen. Und die hatte es in sich. Der Caritasverband kritisierte, dass der Bericht schlicht an der Lebensrealität der Menschen vorbei ginge (für die ausführliche Stellungnahme siehe Caritasverband, PDF). Zudem wurde die geradezu beliebige Verwendung der Datenquellen kritisiert: Je nach politischer Couleur hätten sich die damaligen Regierungsparteien die Statistik herausgesucht, die am Besten in den eigenen politischen Kram passte.

Das Ergebnis: Ein ziemlich inkonsequentes Propagandawerk.

Es war ähnlich der neulichen Hartz-IV-Debatte: Reinste Arithmetik, bei der sich die politische Klasse im schöngerückten Licht der Zahlen sonnt. Die davon real betroffenen Menschen blieben und bleiben außen vor. "Sozial" sieht anders aus!

Deshalb sollte sich niemand vom Sieg des Olaf Scholz blenden lassen. Dieser Kerl ist ein Hardliner vom Schlage Steinmeier, Müntefering und Clement. Er steht nicht für das "Soziale", sondern für die Agenda 2010. So lange sich die SPD mit solchen Personen schmückt, ihnen auch noch führende Parteifunktionen zuschanzt, so lange wird das Soziale in der SPD Staub ansetzen. Eine andere Politik, eine (Rück-) Transformation der sPD zur SPD, darf noch lange auf sich warten lassen.

Schlussbemerkung: Über die Wahlbeteiligung war bisher noch nicht viel zu finden. Die Tagesschau meint, dass die Wahlbeteiligung bei etwa 60% der Hamburgerinnen und Hamburger lag, d.h. etwa 40% haben nicht gewählt. Ad sinistram ist etwas präziser und gibt 43% Nichtwähler(innen) an.

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