Freitag, 8. August 2008

Nachtrag: Fressen, Ficken, Fernsehen?

Angestachelt durch den Artikel "Fressen, Ficken, Fernsehen?" von Franziska Schwarzmann habe ich mir dann doch mal die Mühe gemacht, die im Artikel erwähnten Seiten aufzusuchen. Unter anderem bin ich darüber dann auf den Blog der Jugendmedientage gestoßen: Mit einem Statement zu einer Anne-Will-Sendung.

Kurz zur Einordnung: Anne Will hatte dort einstmals so einen VWL-Studenten vom Ring christlich-demokratischer Studenten (RCDS) eingeladen, der u.a. vorschlug, Arbeitslosen weniger Stimmrechte in den Wahlen einzuräumen. Völlig zu Recht hatte damals Heiner Geißler Kritik angemeldet!

Gerade ein VWLer sollte sich ja etwas mit Gesellschaft auseinandersetzen und wenn in der letzten Zeit vor allem auch das Problem der Durchlässigkeit des Bildungssystems als ein gesellschaftliches Problem erkannt wurde, kann ja solch ein Vorschlag nicht wirklich ernst gemeint sein: Er würde die sozialen Verhältnisse weiter zementieren. Aber aus einer gut bürgerlichen und gesicherten Existenz heraus lassen sich solche Schoten gerne gegen Leute richten, mit denen mensch ja für gewöhnlich nichts zu tun hat.

Selbst wenn jemand ernsthaft diese menschenfeindliche Idee verfolgen würde, müsste er spätestens vor dem Fakt der Aufstocker kapitulieren. Was solche „Intellektuellen“ bisher noch nicht geschnall haben, ist nämlich, dass es für den Bezug von Sozialleistungen faktisch keine Rolle mehr spielt, ob jemand arbeitslos ist oder nicht: Den Ausschlag gibt die sogenannte Bedürftigkeit. So sieht das Ganze dann etwas „andes“ aus und führt zur Frage, ob denn allen Bedürftigen die Wahlrechte aberkannt werden sollen.

Aber ich möchte nun nicht weiter auf konkret diese Nebelleuchte eingehen. Es ging ja um den Jugendmedientageblog und seinem Artikel zur Anne-Will-Sendung. An dessen Ende fand sich folgende Passage.

Schade, dass die Sorgen und Vorschläge unserer intellektuellen Jugend - der Zukunft unseres Landes - als lächerlich abgestempelt werden. Denn sie arbeiten darauf hin, dass sie irgendwann nicht diesem Staat zur Last fallen und sich mit diesem Schicksal der Bundesrepublik auf einer Couch präsentieren.


Ähm, ja ... erstens sehe ich (Achtung: Wortspiel!) ziemlich schwarz für eine Zukunft mit solchen Nebelkerzen. Abgestempelt hat sich diese Lachfigur selbst. Und zwar nicht nur medial, sondern auch als angehender VWLer.

Zweitens hatte der Schreiber / die Schreiberin kurz vor dieser Passage moniert, dass der eingeladenen Hartz-IV-Empfängerin auf der Couch von A. Will keine kritischen Fragen gestellt wurden. Ganz im Gegensatz zur obigen schwarzen Knallerbse. Was für „kritische“ Fragen sie da genau meint, ließ die Schreiberin offen. Sie hatte doch wohl nicht vor, genau das Klischee vom faulen ALG2-Bezieher zu bedienen? Offfenbar doch, wenn sie in fast schon verächtlich machender Weise unterstellt, dass „wir“ es uns alle auf der Couch bequem machen wollen.

Nur mal so zur Info: Der Stereotyp vom arbeitsunwilligen Müßiggänger ist sehr, sehr alt und hat u.a. in Deutschland dazu geführt, solche Personen in „Säuberungsaktionen“ von der Straße zu holen und mit einem schwarzen Winkel versehen ziemlich endgültig zur lebenslangen Arbeit zu erziehen.

Ich persönlich weiß nicht, ob der Artikel auch aus der Feder dieser 22 Jahre alten Politikwissenschaftsstudentin F. Schwarzmann stammt. Der OT des Artikels – insbesondere der letzte Teil – legt das aber nahe.

Die Grundkritik an den Medien mag ja durchaus berechtigt sein. Allerdings in einer ganz anderen Richtung. So wird auf den Nachdenkseiten schon seit langem die einseitige Berichtserstattung und auch der Kampagnencharakter offentlich rechtlicher Medien z.B. in Sachen Rente kritisiert. Zugespitzt formuliert: Obige Autorin ist Ergebnis dessen, was sie selbst kritisiert, nämlich der medialen „Verdummung“. Die Nachdenkseiten würden sicher von gezielter Verdummung oder von Lügen sprechen.

Unlängst gab es übrigens auch einen Artikel in der Zeit, der klar stellte, dass die seltsamen Nachmittagsformate gezielt zur „Berieselung“ genutzt werden. Die KonsumentInnen wissen also offenbar, wie sie das zu bewerten haben. Wirklich gefährlich scheinen eher jene im Gleichschritt marschierenden Medienberichte, die u.a. im Fall Clements von den Nachdenkseiten zu Recht kritisiert wurden. Kurioserweise sind es dabei nicht die Ungebildeten, Dummen und Faulen aus der Unterschicht, die diesen Blödsinn mitmachen, sondern z.T. gebildete Leute, die sich gerne auch als „Elite“ darstellen. Zu just jener Riege gehören offenbar auch die oben beschriebene Nebelleuchte und die hier gemeinte Autorin.

In Schulsprech bleibt mir also nur zu sagen: Gut gemeint, Wille erkannt, aber inhaltlich 6.

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