Montag, 26. Juni 2017

Abgesang auf die alte Tante & weitere verschwendete Jahre

Am Sonntag war Parteitag der vermeintlich „sozialen“ Demokraten Deutschlands, von manchen auch liebevoll „Verräterpartei“ genannt. Warum sich der Einstieg hier in einer für meine Verhältnisse so radikalen Sprache übt, das lässt sich an zwei Bildern symbolisch illustrieren.






Das erste Bild zeigt Oppermann, Barley, Schulz, Heil und Schwesig. Kein neues Gesicht, alles irgendwie die Steigbügelhalter des alten Schörder-Kurses. Selbst wenn mensch Schulz abnehmen würde wollen, er möchte alles anders machen: Eine Abkehr von der Agenda 2010, von HartzIV, von der Sozialisierung der Bankenzockerei, von volks- und gemeinwirtschaftlich völlig hirnrissigen Privatisierungen usw. kann er so nicht glaubwürdig vertreten.

Damit sind wir schon beim zweiten Bild, dem fulminanten Kracher schlechthin: Nein, das ist kein Scherz, die SPD hat wirklich Gerhard Schröder als Redner geladen. Ja, der Schröder, der für die Agenda 2010 steht, für „Basta“, Hartz IV, der den „Genossen der Bosse“ mimte und mit dem Spruch „Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft“ gegen Erwerbslose hetzte.

Wenn sogar die Jusos das nicht mal zum Anlass nehmen, um Kritik zu üben (ZEIT 25.06.2017), zeigt das, was da gerade schief läuft.

Insgesamt ist das alles ein Trauerspiel. Nicht, dass ich der große „s“PD-Fan bin. Ich habe auch nicht damit gerechnet, dass die alte Schröder-Agenda2010-Riege ausgewechselt wird. Nach allem, was ich gelesen habe, unterscheidet sich das ganz erheblich von Corbyn in England. Da ist weder personell noch inhaltlich ein Wechsel drin. Und genau das wird der Otto-Normal-Bürger auch wahrnehmen. Aber dass in der Situation der Schröder, der der „s“PD wie Blei an den Füßen hängt, wieder aufgetischt wird, das zeugt von einem ausgeprägten Masochismus.

Zudem vermute ich, dass es auf die Jamaika-Koalition hinausläuft: CDU, FDP und Grüne. Wer’s noch nicht mitbekommen hat, ein Vorzeichen dafür ist die „Koalitionsbedingung“ von FDP und Grünen bzgl. der „Ehe für alle“ (ZEIT, 24.06.2017). Nicht falsch verstehen, die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartner(innen)schaften ist durchaus richtig. Aber angesichts der wesentlichen Unterschiede zwischen den Parteien nur eine Nebelkerze. Denn gegen diese Forderung wird es kaum Einwände geben, selbst in der CDU werden sich einige dafür aussprechen. Das lässt sich dann als „Koalitionserfolg“ verkaufen, der jedoch die realen Probleme wie die Vermögens- und Einkommensungleichheiten, ausgedünnte gesetzliche Rentenversicherung etc. überschatten wird.

Ich sage mal so: Es werden weiter verschwendete Jahre auf uns zukommen.

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