Montag, 10. April 2017

Medienschau: Lüders, Bubak und Ethnopluralismus


Am Sonntag war es mal wieder soweit: Anne Will (Youtube) hatte zum Thema Syrien geladen. Ich war leider so doof, mir das anzuschauen. Der Grund, warum ich das angeschaut habe, war Michael Lüders, den ich als Nahost-Experten ziemlich schätze (siehe Videos unten).

Er vertritt sinngemäß die Auffassung, dass wir mit Blick auf die jüngeren Giftgasangriffe in Syrien keine voreiligen Schlüsse ziehen sollen, weil wir noch nicht wissen, ob das wirklich Assad anzulasten ist. Schließlich, so sein Hinweis, sei die Lage in Syrien extrem unübersichtlich, jeder spielt dort seine Spielchen und es sei nicht ausgeschlossen, dass auch sogenannte ‚Rebellen‘ für die jüngsten Giftgasangriffe verantwortlich seien. Dazu verweist er auf einen älteren Fall in Syrien, wo sich die Vorwürfe gegen Assad auch nicht erhärtet hätten. Damit liegt er ganz offensichtlich nicht wirklich auf der ideologischen Linie der Kriegseuphorie, in die die Medien und die Bundesregierung seit Trumps ‚Vergeltungsschlag‘ (Tagesspielgel) ausgebrochen sind. Auch sonst dürften seine Hinweise Missfallen erregen, z. B. dass die Türkei lange ein doppeltes Spiel trieb und es sich bei einem Großteil der hier immer als ‚gemäßigte Rebellen‘ bezeichneten Kriegsparteien um Dschihadisten handele, die bei uns wohl sofort die Allarmglocken schrillen lassen würden.

Damit, dass Lüders Kritik entgegenschlägt, war meiner Meinung nach zu rechnen. Womit nicht zu rechnen war, dass war die die vehemente, ereifernde und vor allem vorsätzlich diffamierende Art, mit der er bei Anne Will abgefertigt wurde. Gleich zu Anfang wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, ihn nicht als Nahost-Experten, sondern als Autor, Politik- und Wirtschaftsberater und ‚Geschäftsmann‘ vorzustellen. Da wurde ihm sozusagen bereits gleich am Anfang die Kompetenz, für die er eigentlich bekannt ist, abgesprochen. Ein unglaublicher Vorfall. Im weiteren Verlauf der Sendung durfte er sich dann als Verschwörungstheoretiker abfertigen lassen. Die Verteidigungsministerin Von der Leyen fiel ihm ständig und aggressiv ins Wort, unterstellte ihm Dinge, die er gar nicht gesagt hat. Und was tat die Moderatorin, Frau Will? Nichts. Das ist umso schlimmer, als Lüders nicht so der spontane und schlagfertige Typ ist, ganz anders als Scholl-Latour. Insofern wäre es die Verantwortung der Moderation gewesen, ihn doch ein wenig in Schutz zu nehmen. Aber nichts da. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass hier jemand vorsätzlich (!) demontiert werden soll. Perfide ist das Ganze auch deshalb, weil abzusehen ist, dass er jetzt auch von Seiten Beifall bekommt (instrumentalisiert wird), von denen sich Lüder wahrscheinlich nicht in Schutz nehmen lassen möchte.

Wie dem auch sei, wer einen Eindruck von Lüders haben will, dem sei eines der folgenden Videos empfohlen:

Was gibt’s sonst noch?

Bei KFM gibt es ein längeres Video mit Michael Buback zum Tod seines Vaters Siegfried Buback. Buback hat selbst Nachforschungen angestellt und ziemlich viele Ungereimtheiten gefunden. Ich finde das Interview aus zwei Gründen interessant. Erstens ist es generell interessant, was da Buback so alles an Nachforschungen angestellt hat und was er erzählt. Zweitens aber zeigt das Interview eigentlich ganz gut, warum KFM mit einiger Berechtigung Skepsis und das Etikett ‚Verschwörungstheoretiker‘ entgegenschlägt. Ich schreibe das bewusst, weil es kürzlich in Kleinbloggersdorf ein Diskussion zu KFM gab, in der KFM gegen diese Vorwürfe in Schutz genommen wurde. Das entsprechende Interview zeigt aber ziemlich deutlich, wie KFM diesen Vorwurf bedient und dies auch noch selbstbekennend tut.

Ständig versucht er Buback Aussagen oder die Zustimmung dazu zu entlocken, dass irgendwie die CIA bei der Ermordung seines Vaters im Spiel gewesen wäre, Bubacks Vater dem ‚Tiefenstaat‘ zu nahe gekommen sie und wohl deshalb auch von einem Mitarbeiter des Staatsschutzes ermordet wurde etc. Michael Buback selbst lässt sich aber darauf nicht ein (was KFM dann auch mehr oder minder dazu bringt, ‚für ihn‘ sprechen zu wollen…), sondern antwortet mit den Fakten und Schilderungen, die er kennt und untersucht hat. Wirklich spekulieren möchte er nicht. Das macht stattdessen sein Gegenüber. Bei den gesamten Spekulationen vergisst KFM auch die eigentlich interessanten Fragen.

Ich meine, es ist natürlich schon ziemlich seltsam, was da passierte. Das ist der Stoff für allerhand Thesen. Doch wenn ich mal in die Gegenwart schaue, da gab es beim NSU auch Morde, bei denen zwar kein Generalbundesstaatsanwalt ermordet wurde, gleichsam aber ebenfalls ziemlich viele Fragezeichen stehen (siehe ZEIT). Er hätte ja Buback auch mal zu seiner Einschätzung diesbezüglich fragen können. Das wäre auch spekulativ gewesen, hätte aber wenigstens eine interessante Perspektive freilegen können.

Aber wie geschrieben, aus den eben gennannten Gründen, finde ich das Interview schon sehenswert.

Zum Schluss noch der Hinweis auf den „Aufwachen“-Podcast 193 von Tilo Jung und Stefan Schulz zum Thema „Ethnopluralismus“. Ich würde nicht mit jeder These von Schulz konform gehen, zumindest nicht bzgl. des Interviews mit der Kanzlerin. Damit meine ich seine Interpretationen. Denn bei mir ist das durchaus anders angekommen. Auf der anderen Seite ist das Interview, auf das sich Schulz bezieht, freilich unter aller Kanone. Absolute Jubelei, die so dilettantisch daherkommt, dass selbst ein Wandzeitungsagitator zum Fremdschämen neigen wird. Der Rest zur Doku über eine Moschee ist wiederum recht klasse. Da zeigt er sehr gut die unterschwellig vorhandenen Vorbehalte, die da ausgelebt und letztlich auch forciert werden.

Den Abschluss bildet dort ein Interview, das Jung und Schulz mit Mark Schieritz, dem ZEIT Wirtschaftsjournalisten, geführt haben. Im Grunde ist es eigentlich belanglos, weil nicht wirklich viel Neues bei rumkommt. Trotzdem ist es interessant, wie Schieritz hier und da ausweicht. Insbesondere dann, wenn ihm eine kritische Gegenposition – Austerität in Spanien, Griechenland usw. – entgegengehalten wird. Faktisch kann mensch den Eindruck gewinnen, dass im Wirtschaftsdenken wieder alles so wie vor der Krise ist. Die Krise sei überwunden, auch die Europa und Eurokrise. Und irgendwie sei das alles gar nicht so schlimm. Auch die Austeritäts-Regime nicht. Ein ‚schönes‘ Zeitdokument zur Gemütslage des deutschen Wirtschaftsjournalismus.

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