Mittwoch, 10. Juni 2015

Öffentlich rechtliche Verblendung?

Seit ein paar Tagen ist es nun amtlich, dass Günther Jauch mit seinem Talk aufhören wird (z. B. Tagesthemen). Ihm sei eine Vertragsverlängerung angeboten worden, die er aber abgelehnte (Homepage der Sendung/ daserste..., ZEIT).

Anne Will soll wieder auf den Sendeplatz am Sonntag zurückrücken und freut sich offenbar drauf. Der NDR-Intendant drückte zum Abschied nochmal sein Bedauern über Jauchs Entscheidung aus und lobt ihn nochmal regelrecht über den Klee: „Sein Talkformat ist pointiert, hintergründig, emotional und auch mal unterhaltsam aufbereitet - passend für den Sonntagabend.“ (Tagesthemen)

Gerade die Ausführungen vom NDR-Intendanten haben mich hellhörig werden lassen. 2012, war da nicht mal was? Richtig, da wurde ein internes Papier aus dem Rundfunkrat an die Medien weitergeleitet. Siehe:
Wie die Titel bereits andeuten, hatte es die Kritik in sich. Denn dort wurden vor allem die Talkshows und die Masse an Talkshows kritisiert. Gäste würden sich von einer Sendung zur nächsten praktisch die Klinke in die Hand geben. Von Themen- und Gästedopplung sowie -verschleiß war die Rede (SZ). Einer der Moderierenden kam bei der Kritik ganz besonders schlecht weg. Dreimal dürfen wir raten, wer das wohl war ...

„Herr Jauch sollte dringend an seiner Gesprächsführung arbeiten, ebenso an der Themen- und Gästeauswahl.“ (zitiert nach taz)
„Günther Jauch“ sei „eher eine Show als ein politischer Talk – eine beunruhigende Entwicklung für ein öffentlich-rechtliches Format!“ (zitiert nach taz)

Es kommt aber noch dicker. Es wurde auch hinterfragt, ob es überhaupt sinnvoll ist, die Talkshows an einen externen Anbieter/ Produzenten auszulagern: Jauch produziert seine Sendung selbst, ist also ein externer Produzent.

Letztlich regte der ARD-Programmbeirat an, die Sendungen zu reduzieren. Die fünf Sendungen, um die es ging, waren
  1. Anne Will
  2. Beckmann
  3. Günther Jauch
  4. Hart aber Fair
  5. Maischberger.
Beckmann hat das Feld freiwillig geräumt. Vier Sendungen waren offenbar immer noch eine zu viel. Vielleicht ist es da nicht die günstigste Voraussetzung, im Zentrum der Kritik zu stehen, sie aber an sich abperlen zu lassen. Erst recht für jemanden, der seine eigene Sendung extern selbst produziert und wohl auch nicht das Ein-Euro-Schnäpchen bei MäcGeiz ist.

Kurz: Ich glaube, dass die Geschichte mit der Vertragsverlängerung nur in die Welt gesetzt wurde, damit Jauch noch etwas sein Gesicht bewahren kann. Denn eigentlich hat sich das Erste mit Jauch rein fachlich ein faules Ei ins Programm geholt: Die Kritik liest sich vernichtend. Offenbar scheint die Zauerschauerschaft das auch vergessen zu haben. Anders kann ich mir nicht erklären, wie es sein kann, dass der NDR-Intendant absolut gegenläufig zur Kritik des Beirats die Zusammenarbeit mit Jauch lobt. Den späten Zeitpunkt erkläre ich mir damit, dass sich wohl erst mit dem Ende des bestehenden Vertrags die Möglichkeit bot, dieses Trauerspiel zu beenden. Eine vorzeitige Auflösung wäre vielleicht teurer gewesen.

Bezeichnend ist, dass die damals mehr als heftige und eindeutige Kritik an Jauch auch den Medien, die heute über Jauchs "Rücktritt" schreiben, keine Erwähnung wert ist.

Wie dem auch sei: Zwei von ehemals fünf Talkshows weniger. Zwei mal weniger Verblödung im TV, zwei Mal weniger Propaganda, Agitation und Politikshow. Kein Grund zu feiern, aber um zumindest einmal erleichtert aufzuatmen.

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