NSU, NSA, Snowden, Ramstein und Drohnen sowie die
Armutsberichte der Bundesregierung sind nur einige wenige Beispiele, die genügend
Stoff liefern, um ‚offiziellen‘ Darstellungen von Regierungen grundsätzlich und
mit gutem Grund skeptisch gegenüber zu treten. Daraus speist sich letztlich die
Notwendigkeit und Bedeutung von kritischen und alternativen Medien und
Medienformaten wie u. a. Makronom, Wirtschaft und Gesellschaft oder Tilo Jung. Zu diesem Kreis zählen
für viele auch die Nachdenkseiten(NDS).
Am 7. September 2016 wurde dort ein Beitrag zu 9/11 eingestellt,
der an der ‚offiziellen‘ Darstellung des Anschlags auf das WTC zweifeln lässt. Nun
will ich gerne zugestehen, dass das ein kontroverses Thema ist und es auch
Gründe geben kann, gerade die offiziellen Darstellungen zu kritisieren. Aber
wer den Beitrag auf den NDS las, der oder die musste sich verwundert die Augen
reiben, da der Beitrag vom Niveau her locker aus der ‚Truther‘-Bewegung (Wikipedia) stammen könnte. Die ewigen Besserwisser
mögen nun mit Häme einwenden, dass der Qualitätsverlust der NDS doch schon
länger greifbar gewesen sei. Spätestens mit dem Weggang von Wolfgang Lieb (23.010.2015)
hätte ein nun für alle sichtbarer Grunde vorgelegen, die NDS stärker zu
hinterfragen. Dennoch hatte ich persönlich nicht mit einem solchen Tiefpunkt
gerechnet. Ich war deshalb reichlich schockiert, dass die Leserinnen und Leser
hier mit diesem Beitrag in den Sumpf esoterischer Verschwörungstheorien (VT) geführt
werden sollten.
Einige Gründe, die den NDS-Beitrag als esoterisch
und VT einordnen lassen, finden sich auf endless.good.news.
Vor diesem Hintergrund möchte ich auf einen Artikel von Kai Ruhsert
verweisen, der im Januar 2017 auf dem ‚Blog der Republik‘ (BdR) publiziert wurde und sich kritisch mit einem
Video-Vortrag über den Anschlag auf das WTC auseinandersetzt. Interessant ist Ruhserts
Artikel deshalb, weil viele der dortigen Argumente auch auf den besagten
NDS-Beitrag übertragen werden können. Aber noch interessanter wird dieser
Artikel dadurch, dass Ruhsert selbst einmal bei den NDS tätig war und zu seiner
Zeit der besagte NDS-Beitrag zu 9/11 sicher nicht publiziert worden wäre. Allerdings
zeigt die Diskussion, die sich in den Kommentaren zu Ruhserts Kritik auf
dem ‚Blog der Republik‘ (BdR) entspann, ein
sehr grundlegendes Problem im Umgang mit Esoterik und esoterischen VTs im
Speziellen. Vom naturwissenschaftlichen Weltbild ‚wahrer Fakten‘ ausgehend mag
es nämlich konsequent sein, ‚fakes‘, Halb- und Unwahrheiten sowie
Manipulationsversuche durch Sachargumente, ‚Fakten‘ usw. zu entkräften. Doch
droht die Diskussion dann in Fachdetails abzudriften und sich auf
Nebenschauplätzen zu verlaufen. Wer als Laie ohne Fachwissen diese Debatten
verfolgt, ist deshalb vor das Problem gestellt, ob und wem geglaubt werden
kann.
Allerdings liefern oft bereits die Art der
Argumente, ihr Kontext sowie die konkrete Struktur
der Argumentation und (ggf.) Diskussion erste Anhaltspunkte dafür, was – auch
ohne Fachdetails kennen zu müssen – von den jeweiligen Beiträgen und Aussagen zu
halten ist. Zur Klarstellung will ich betonen, dass ich damit nicht das Gewicht
einer ‚Fakten‘-, Fach- und Detaildiskussion schmälern möchte. Aber wer über
kein Fach- und Detailwissen verfügt, dem oder der hilft die Sensibilität für bestimmte
Argumentationsstrategien oder -muster, um Fragen zu stellen, deren Antworten zumindest
ein wenig Orientierung in der Einschätzung bestimmter Aussagen, Darstellungen
usw. liefern.
Von Zirkelschlüssen bis Schopenhauer
Das fängt bei ganz allgemeinen
Argumentationsmustern wie logischen Zirkeln bzw. Zirkelschlüssen an, wo eine
Argumentationskette aufgebaut wird, an deren letzter Stelle der Verweis auf ein
bereits erwähntes Argument erfolgt. Verfeinert werden kann diese Technik
dadurch, dass die Argumentationskette über eine ‚lange Strecke‘ aufgebaut wird
(d. h. verschiedene Absätze, Seiten, Kapitel usw.). Leserinnen und Lesern ist
dann nicht immer sofort bewusst, dass es sich um logische Zirkel handelt. Etwas
scheint dann als ‚begründet‘, obwohl es nur die Wiedergabe eines bereits
genannten Arguments ist.
Ein anderes Argumentationsmuster läuft auf Argumente
hinaus, die nicht mehr hinterfragt werden oder hinterfragt werden
sollen/können. Gemeint ist damit der Verweis auf ‚Selbstevidenz‘,
Selbstbegründung, ‚Selbsteinsicht‘, Intuition oder Erfahrung. Der Klassiker ist
der Verweis auf den ‚gesunden Menschenverstand‘. Vorsicht ist deshalb
angebracht, weil die Frage im Raum steht, wer festlegt, was ‚gesund‘ und ‚Menschenverstand‘
(also ‚vernünftig‘) ist. Sobald der Verweis auf den ‚Menschenverstand‘ erfolgt,
kann jedenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon
ausgegangen werden, dass es hier nicht um’s ‚Verstehen‘ eines Sachverhalts geht,
sondern eine Behauptung einfach ‚geglaubt‘ werden soll.
Aktiv bewirkt werden kann dieser Effekt zum
Beispiel durch das Zeigen eines Fotos oder eines Videos, bei dem die entsprechende
Interpretation gleich mitgeliefert wird: Die Kritik von Kai
Ruhsert (Blog der Republik) hinsichtlich der Verwendung einer ganz bestimmten Videosequenz, die dem Publikum den
Eindruck eines symmetrischen Einsturzes des WTC-7-Gebäudes vermittelt, läuft im
Grunde auf diese Strategie hinaus. Das Publikum sieht dann in unmittelbarer
Erfahrung, dass das WTC-7 symmetrisch eingestürzt ist und dann muss es wohl
auch so gewesen sein. Der Trick ist, dass unmittelbar wohl auch niemand auf die
Idee kommt, das zu hinterfragen. (Was auch am ‚Gruppeneffekt‘ liegen kann. Denn
das, was gezeigt wurde, das ist eine ‚Gruppenerfahrung‘ und wer stellt sich
gerne gegen die Gruppe?)
Darüber hinaus gibt es auch verschiedene Immunisierungsstrategien.
Diese können darauf gerichtet sein, bestimmten Kritikpunkten präventiv – also
im Vorfeld – bereits den Wind aus den Segeln zu nehmen, z. B. durch
‚Leerformeln‘ bzw. schwammige Begriffe oder Aussagen oder den eben erwähnten Verweis
auf den ‚gesunden Menschenverstand‘. Aber auch über längere Argumentationssequenzen
(Artikel- und Buchserien) und in konkreten Diskussionen können
Immunisierungsstrategien beobachtet werden. Diese modifizieren den Gehalt oder
die Ausrichtung der ursprünglichen Aussage. Das kann einerseits erneut durch
die eben genannten Präventiv-Strategien erfolgen, aber andererseits auch durch
die Ausweitung der ursprünglichen Aussage, die Verlagerung ursprünglich
genannter Gründe oder durch andere rhetorische Finten, wie z. B. das
bewusste Abdriften in Details, das Werfen von ‚Nebelkerzen‘ oder das Ausnutzen
von Wissensdefiziten.
Der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt,
weshalb ich an dieser Stelle der Einfachheit halber auf Schopenhauers Eristische Dialektik
(Wikipedia) verweisen möchte, die zahlreiche Argumentationsstrategien
bereithält und auch für den Umgang mit Esoterik und VTs aktuell ist. Wegen des
zum Teil recht illustrativen Wortlauts empfehle ich auf jeden Fall einen Blick
ins Original
(z. B.
Projekt Gutenberg).
Da Immunisierungsstrategien nicht immer auf den
ersten Blick erkennbar sind, kann es ratsam sein, sich bei Debatten und Artikeln,
bei denen Esoterik vermutet wird, erst einmal zurückzunehmen und sie aus einer
gewissen Distanz zu betrachten. Wenn die Kritik an bestimmten Aussagen,
Darstellungen etc. dem Versuch gleicht, den bekannten Pudding an die Wand zu nageln,
dann deutet das auf Immunisierungsversuche hin. Hilfreich kann es sein, nach
dem ‚springenden Punkt‘ – also den zentralen Argumenten – zu fragen. Welche
Argumente bilden das Fundament der Aussagen? Hilfreich wird es dann ebenso, bei
den als ‚zentral‘ empfundenen Argumenten nachzuhaken, was denn eigentlich genau
gemeint ist. Wenn darauf nur Leerformeln geliefert werden (also keine
Kriterien, mit denen eine Aussage, ein Argument auch abgelehnt werden kann),
dann liegt ziemlich sicher ein Immunisierungsversuch vor. Ein wichtiger
Prüfstein findet sich außerdem in der Frage, ob es sich hinsichtlich bestimmter
Aussagen, Darstellungen etc. auch anders verhalten kann als es vorgegeben wird.
Gibt es die Argumentation her, auch eine ganz andere Schlussfolgerung
zuzulassen? Wenn nicht, dann sollte mensch große Skepsis walten lassen.
Von der Theorie zur Praxis
Neben Schopenhauers allgemeinen
Argumentationsstrategien können weitere Argumentationsmuster benannt werden,
die mir in esoterischen Beiträgen – zu denen auch Verschwörungstheorie-Beiträge
zählen – geradezu archetypisch auffallen. Davon seien ein paar kursorisch
genannt, die sich zum Teil auch im erwähnten NDS-Beitrag finden lassen.
1. Präventive Distanzierung und Umdeutung: Um
dem negativen Ruf esoterischer Verschwörungstheorien entgegenzutreten, mag es
hilfreich sein, den entsprechenden Vorwurf aktiv aufzugreifen und zu
thematisieren. Dies kann z. B. durch eine Distanzierung von ‚esoterischen‘
Verschwörungstheorien erfolgen, wobei die eigene VT natürlich als ‚seriös‘
dargestellt wird. Diese Distanzierung ist auch im erwähnten NDS-Beitrag zu
finden, wobei sich die Frage stellt, inwiefern die dort genannten esoterischen
VTs nicht vielleicht sogar nur Strohpuppen oder ‚rosa Elefanten‘ sind
(Distanzierung von VTs, gemäß der das WTC mit Atombomben gesprengt worden sei
oder gar keine Flugzeuge existiert hätten). Begleitet ist diese Strategie von
der präventiven Umdeutung. Das, was ‚esoterische‘ Verschwörung ist, wird dort auf
eine so harmlose wie kritisch notwendige Infragestellung ‚offizieller‘
Darstellungen reduziert. Zusammen ergibt beides eine recht clevere Strategie,
denn indem die Distanzierung von offensichtlich abstrusen esoterischen VTs
erfolgt, wird auf der anderen Seite durch die Umdeutung von VTs genau diesen
VTs die Türe geöffnet. Der besondere Trick liegt auch darin, das eigentliche
Problem esoterischer VTs zu überspielen. Es ist nämlich nicht so, dass
esoterische VTs abstrus sein müssen, sondern im Gegenteil, dass sie durch das
Erheischen von ‚Glaubwürdigkeit‘ fragwürdige und einseitige Erklärungsmuster
bieten, bestimmte Vorbehalte verstärken können (z. B. Antisemitismus,
Antiamerikanismus, Anti-Islamismus etc.) oder schlicht darauf abzielen, uns das
Geld aus der Tasche zu ziehen (z. B. über Buchverkäufe oder Klicks auf
Youtube).
2. Das Prinzip gewandelter Verleugnung: Um
eine esoterische VT glaubhaft zu machen, kann es eine Strategie sein, diese
erst einmal zu verleugnen. Im Gegensatz zur eben erwähnten präventiven
Distanzierung läuft diese Verleugnung aber darauf hinaus, sich vorgeblich – zum
Teil widerwillig – von den ‚Fakten‘ der VT belehrt haben zu lassen. Mensch hat
es nicht glauben wollen, aber die ‚Fakten‘ haben keine andere Schlussfolgerung
zugelassen. Der rhetorische Effekt ist dabei, dass ich den Leser(inne)n und
Zuhörer(inne)n meine (ursprüngliche) Fehlbarkeit zeige und dadurch Sympathien wecke, die mich seriös oder zumindest ‚glaubhaft‘ erscheinen lassen. Genau
diese Strategie ist auch im erwähnten NDS-Beitrag zu erleben.
3. Ich weiß es auch nicht besser: Ein
ähnlicher Trick ist es, wenn ich betone, es auch nicht genau zu wissen. Ich
mache mich damit ebenfalls ‚verletzlich‘ und ‚fehlbar‘. Gerade bei Themen, bei
denen Fachwissen gefragt ist, kann ich so aber auch eine emotionale Brücke zum
Publikum bauen, das aller Wahrscheinlichkeit nach selbst nicht über das
Fachwissen verfügt. Im Grunde lässt sich damit aus der Not eine Tugend machen,
wenn ich als Fachfremder mir die notwendigen Fachkenntnisse aneignen musste.
Die Botschaft dahinter: Seht her, mir
ging’s auch nicht anders, ich wusste – wie Ihr – nichts, habe mich deshalb erstmal
mit der Materie beschäftigen müssen und dann festgestellt, da stimmt doch was
nicht.
4. Wissenschaftlichkeit und Quellen-Autorität:
Um seriös zu wirken, arbeiten esoterische VTs oft mit wissenschaftlichen
Fachbegriffen. Ein gutes Beispiel für das Einkleiden in wissenschaftliche
Fachbegriffe und Argumente hatte ich selbst einmal vor langer Zeit hier im Blog
angesprochen, als es um den Salzboom
(Himalaya-Salz) ging, was natürlich umso besser funktioniert, wenn auf
nicht vorhandenes Fachwissen gebaut werden kann. Bestimmte Bezeichnungen, wie
z.B. Institut und Studie sind rechtlich gesehen frei verwendbar. Ähnlich wirkt
das besondere Hervorheben wissenschaftlicher Attribute, wenn also im Text ganz
besonders und/oder wiederholt betont wird, dass eine Person
‚Wissenschaftler(in)‘ ist (z. B. mehrmaliger Verweis darauf, längerer
Verweis auf die Forschungs-Institution, Verweis auf Literaturliste,
Forschungsgegenstand oder ‚eine neue Studie‘). Das sollte erst einmal
vorsichtig werden lassen und zu einer kurzen Recherche anhalten. In dem Sinne
ist der Verweis auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie
wissenschaftliche Publikationen ein beliebtes Stilmittel. Der Knackpunkt ist
hier, dass oft die entsprechende Einordnung fehlt, so dass Dritte nur zur
Kenntnis nehmen können, dass da irgendwas mit ‚Wissenschaft‘ im Zusammenhang
steht. Klarzustellen ist, dass es natürlich auch in der Wissenschaft
Minderheitenpositionen gibt und es fatal wäre, diese allesamt als
‚unwissenschaftlich‘ darzustellen (selbst wenn das in den Wissenschaftskreisen
gerne gemacht wird). Mein Punkt hier ist aber, dass sich diese marginalisierten
Wissenschaftler(innen) wohl auch selbst oft entsprechend verorten. Wenn ich
z. B. im Diskurs um Wirtschaftspolitik einen Gewerkschaftsökonom, einen
Marxisten oder Keynesianer habe, dann werden die sich vielleicht selbst so
bezeichnen. Zumindest sind sie im Diskurs zuordenbar. Gerade bei heiklen
Themen, wie sie die esoterischen VTs immer behaupten aufzugreifen, ist diese
Einordnung aber notwendig. In den esoterischen VTs unterbleibt aber oft diese Einordnung.
Im übelsten Falle ist es dann also Vorsatz, um davon abzulenken, dass die
Quelle und Position vielleicht doch nicht so seriös sind. Im ‚einfachsten‘
Falle mag es schlicht Faulheit sein, weil die Einordnung Arbeit macht und dann
vielleicht doch mehr Einarbeitung in Fachdebatten erfordert, als zur
Bestätigung der eigenen Meinung notwendig ist. Egal, was zutrifft, ein Schuss
ins Knie der Glaubwürdigkeit ist es dennoch. Wenn also immer wieder
Wissenschaftler(innen) oder Studien zitiert werden, ohne dass eine Einordnung
erfolgt, darf auch das Anlass zur Skepsis sein.
5. Tarnkappen-Argumente: Beobachten lässt
sich auch die Taktik, den eigentlichen ‚verschwörerischen‘ Tobak in
‚Nebensätze‘ zu schieben oder als ‚Nebenaspekt‘ zu tarnen. Im oben erwähnten
Beitrag zu 9/11 auf den Nachdenkseiten
(NDS) wurde das mit der Behauptung gemacht,
dass die Flugzeuge elektronisch ferngesteuert in die Wolkenkratzer flogen. Die
dann weiter dahinter liegende – aber nicht ausbuchstabierte –
Verschwörungsfrage hängt natürlich mit der Frage zusammen, wer (warum) die
Flugzeuge (fern)gesteuert habe.
6. Wir-gegen-die-Konstruktion: Ein weiteres
Merkmal von Verschwörungstheorien ist die Konstruktion von Gegensatz-Gruppen.
Typischerweise sind das a) die ‚Verschwörer‘ und b) die, die die ‚Verschwörung‘
erkennen. Weil das aber zu offensichtlich ist, kann hinsichtlich a) auch verallgemeinert
vom ‚Mainstream‘ gesprochen werden. Auch das ist im NDS-Beitrag zu finden –
einmal direkt, aber auch indirekt darüber, wenn sich AutorInnen als ‚Märtyrer‘
darstellen. Streng genommen kann auch differenziert werden nach 1) denen, die
die ‚Verschwörungsfakten‘ kennen, 2) denen, die bestimmte ‚Verschwörungsfakten‘
nicht anerkennen, ‚gehirngewaschen‘ oder schlicht (zu) ‚dumm‘ sind, und 3)
denen, die zu den ‚Verschwörern‘ zählen. Wichtig ist, dass dabei oft auch eine gewisse Wertigkeit mitgeliefert wird, d.h. 3) ist klar abzulehnen, 2) wird bestenfalls bemitleidet und muss 'aufgeklärt' werden und 1) sind ganz klar die 'Guten'.
7. Andeutungen: Esoterische Verschwörungstheoretiker
sind nicht blöd und wissen, dass eine direkte Verschwörungszuweisung unseriös
wirkt und wohl auch nicht oder nur sehr, sehr schwierig belegt werden kann. Es
wundert daher nicht, dass die eigentliche ‚Verschwörung‘ oft nur angedeutet und
im Subtext (zwischen den Zeilen) zu finden ist, sich gleichwohl aber zum
Greifen nah befindet. Im erwähnten NDS-Beitrag wird z. B. nicht direkt
gesagt, dass die US-Administration den Anschlag auf das WTC plante oder
durchführte. Aber es wird von Manipulation der Deutungshoheit, von der
vermutlichen Verstrickung des CIA, von ferngesteuerten Flugzeugen, Sprengung
usw. gesprochen, die insgesamt auf genau diese Schlussfolgerung zulaufen. Ob
das rhetorisches Kalkül ist, lässt sich schwer sagen. Der Effekt ist jedoch
sicher nicht zum Nachteil der esoterischen VTler(innen). Es wird nichts Genaues
gesagt, also auch von keiner ‚Verschwörung‘ gesprochen. Wer den entsprechenden
Personen eine esoterische Verschwörungstheorie vorwirft, der oder die kann sich nicht auf
handfeste belastbare Aussagen berufen. Die Weste bleibt rein.
Zu diesen Strategien tritt z. B. das Ausblenden
von Gegenmeinungen oder deren Verächtlichmachung (wer die ‚offizielle‘ Version
glaubt, ist halt reichlich dumm).
Als weiteres Merkmal lässt sich beobachten, dass zu bestimmten Themen auf eine Quelle oder einen Autor immer und immer bevorzugt verwiesen wird und zwar sowohl innerhalb einzelner Beiträge als auch über verschiedene Beiträge/Bücher hinweg oder sogar innerhalb der entsprechenden VT-Szene. Sarkastisch ließe sich dazu anmerken, dass dies wohl auch nicht anders sein kann, denn wenn in der Wissenschaft oder in den Medien insgesamt die Argumente einer ‚esoterischen‘ VT geteilt werden, würde es sich nicht mehr um eine ‚Verschwörung‘ handeln. Damit ließe sich auch nicht unbedingt die Aufmerksamkeit erreichen, die dann in bare Münze umgewandelt werden kann. Die VTler suchen sich folglich die Personen, Studien usw., die ihre Behauptungen stützen - und die liegen typischerweise in Randbereichen.
Das ist natürlich nichts, was nur in Kreisen von VT angetroffen werden kann. Selbst in der Wissenschaft und im Journalismus findet sich häufig das Phänomen, nur die ‚Fakten‘ und ‚Belege‘ widerzugeben, die einer bestimmten (eigenen) Denkhaltung entsprechen. Natürlich gilt auch da, dass es auf den Kontext ankommt. Gleichwohl ist es auch in Wissenschaft und Journalismus nicht gerade ein Ausweis von Seriosität, sich im schlimmsten Falle nur auf eine Quelle oder eine äußerst überschaubare Zahl an Quellen/Belegen zu berufen. Und ebenso, wie ich dann die Qualität eines wissenschaftlichen Papiers bemängle, muss ich natürlich auch bei esoterischen VTs auf diesen Mangel verweisen. Wichtig ist mir an dieser Stelle, darauf aufmerksam zu machen, dass es zur Skepsis mahnen sollte, wenn immer wieder auf bestimmte Publikationen oder Personen verwiesen wird und diese Verweise eine gewisse Exklusivität aufweisen.
Als weiteres Merkmal lässt sich beobachten, dass zu bestimmten Themen auf eine Quelle oder einen Autor immer und immer bevorzugt verwiesen wird und zwar sowohl innerhalb einzelner Beiträge als auch über verschiedene Beiträge/Bücher hinweg oder sogar innerhalb der entsprechenden VT-Szene. Sarkastisch ließe sich dazu anmerken, dass dies wohl auch nicht anders sein kann, denn wenn in der Wissenschaft oder in den Medien insgesamt die Argumente einer ‚esoterischen‘ VT geteilt werden, würde es sich nicht mehr um eine ‚Verschwörung‘ handeln. Damit ließe sich auch nicht unbedingt die Aufmerksamkeit erreichen, die dann in bare Münze umgewandelt werden kann. Die VTler suchen sich folglich die Personen, Studien usw., die ihre Behauptungen stützen - und die liegen typischerweise in Randbereichen.
Das ist natürlich nichts, was nur in Kreisen von VT angetroffen werden kann. Selbst in der Wissenschaft und im Journalismus findet sich häufig das Phänomen, nur die ‚Fakten‘ und ‚Belege‘ widerzugeben, die einer bestimmten (eigenen) Denkhaltung entsprechen. Natürlich gilt auch da, dass es auf den Kontext ankommt. Gleichwohl ist es auch in Wissenschaft und Journalismus nicht gerade ein Ausweis von Seriosität, sich im schlimmsten Falle nur auf eine Quelle oder eine äußerst überschaubare Zahl an Quellen/Belegen zu berufen. Und ebenso, wie ich dann die Qualität eines wissenschaftlichen Papiers bemängle, muss ich natürlich auch bei esoterischen VTs auf diesen Mangel verweisen. Wichtig ist mir an dieser Stelle, darauf aufmerksam zu machen, dass es zur Skepsis mahnen sollte, wenn immer wieder auf bestimmte Publikationen oder Personen verwiesen wird und diese Verweise eine gewisse Exklusivität aufweisen.
Schlussbemerkung
Die Liste an Argumentationsmustern und
-strategien, die auf esoterische VTs hindeuten, kann sicherlich noch erweitert
werden. Ich will es bei den obigen Ausführungen belassen und mir abschließend
noch ein paar Klarstellungen erlauben.
Viele der Argumentationsmuster und -strategien im
Esoterik-Bereich finden sich auch im Alltag, in der Wissenschaft, Politik und
im Journalismus. Nicht immer handelt es sich um Esoterik oder eine esoterische VT,
aber diese Muster sind aus nahe liegenden Gründen besonders in den letzteren
Bereichen anzutreffen. Die Existenz von esoterischen VT besagt ferner nicht,
dass es nicht auch tatsächlich Verschwörungen gibt oder geben kann. Erinnert
sei nur an das Hitler-Attentat
aus den Kreisen der Nazi-Militärs, die Iran-Contra-Affäre/
Irangate oder die Powerpointshow
von Colin Powell. Die zentrale Frage ist hier aber, inwiefern eine seriöse
Beschäftigung damit aussehen kann.
Tatsache ist aber auch, dass die unsaubere und
zum Teil dogmatische Arbeitsweise in Wissenschaft, Politik und Journalismus
selbst dafür sorgt, dass esoterische VTs auf fruchtbaren Boden fallen. Und das
ist das eigentliche Problem an der Sache. Wir können uns über esoterische VTs
aufregen, aber in Zeiten von ‚fake news‘ und neoliberaler Propaganda drohen wir
zwischen unseren ‚Doppelstandards‘ aufgerieben zu werden. Und nur, weil wir Propaganda
feststellen heißt das nicht, dass die Gegenpositionen automatisch ‚besser‘, ‚wahr‘
usw. sind. Es kann sich auch schlicht um Gegenpropaganda handeln.
(Update 07.03.2017, 18:61 Uhr, stilistische Kleinigkeiten und kleine Ergänzung)
(Update 07.03.2017, 18:61 Uhr, stilistische Kleinigkeiten und kleine Ergänzung)
4 Kommentare:
Dies ist schon wieder ein Beitrag, den ich liebend gerne auch bei mir einstellen würde. Ist es vermessen, erneut um die Erlaubnis zu bitten?
Liebe Grüße!
P.S.: Ich würde dann lediglich den Titel ändern.
Sorry für die verspätete Antwort. Habe hier die Kommentarmoderation etwas umgestellt und mir ist das nicht sofort aufgefallen.
Jap, wenn Du willst, kannst Du das gerne mit übernehmen - auch gerne mit anderen Titel und, falls Faselfehler auffallen, mit entsprechender Korrektur.
Aber sei vorgewarnt, das Thema ist ziemlich kontrovers - und, vielleicht ahnst Du's schon, aus der Vorarbeit bzw. Vorüberlegung zu einem anderen Thema entstanden (da kommt also ggf. noch etwas ;-) ). Außerdem überlege ich noch, das zum Anlass zu nehmen, um einen kritischen Beitrag zu Wissenschaft und Politik zu schreiben. Im letzten Absatz deute ich ja schon an, dass ich auch dort ziemliche Probleme sehe (und ehrlich gesagt wird auch so manche "linke" Argumentation mit dieser Brille kritischer einzuschätzen sein).
LG
Arbo
Vielen Dank. :-) - Selbstverständlich ist mir bewusst, dass dieser Beitrag einmal mehr einem Stochern mit der Eisenstange im Wespennest gleichkommt - gerade deswegen ist er ja so wichtig. Die so dringend notwendige Kritik sollten "wir" (also Menschen, die im linken, antikapitalistischen Lager hoffentlich doch irgendwie zusammenfinden) nicht den üblen Trollen wie beispielsweise dem "Herrn Karl" alias "André H." und seinen SpießgesellInnen überlassen.
Danke und liebe Grüße!
Dann sind wir uns ja einig. :-)
LG
Arbo
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