Bereits im Vorfeld und dann
auch am Ende des G20-Treffens war seitens Medien und Politik eine Haltung zu
erleben, die in der Tendenz den G20-Protesten gegenüber negativ eingestellt war.
Was nun seit dem Ende des G20-Treffens in dieser Woche geschah, diese Hetze
gegen „Links“ und diese vehemente Leugnung und Verklärung von missbräuchlicher
Staatsgewalt, das hätte ich in diesem Ausmaß nicht erwartet.
Damit meine ich nicht solche
Vollhonks wie Bosbach, die bei Maischberger die konservative Mimose geben (MEEDIA).
Das war vorhersehbar. Wobei wir für diese eklatante und durchschaubare Luftnummer
auch dankbar sein müssen: Denn die darauf folgende Aufforderung von
Maischberger an Ditfurth, sie möge doch wegen der Parität auch gehen, zeigt,
wie Redaktionen und Moderation wirklich ticken.
Wirklich entsetzlich ist, wie die Regierung bzw. Politik auf Polizeigewalt und die Hinweise auf Grundrechtsverstöße reagiert. Da fragt Tilo Jung auf der Bundespressekonferenz die Regierungssprecher nach Polizeigewalt und dem Entzug von Akkreditierungen bestimmter Presseleute und bekommt was? Fadenscheinige, verschwurbelte Antworten, die um die eigentliche Antwort herumschiffen und Segel ins Ungefähre setzen. Den Kracher liefert Dr. Plate, Sprecher vom Innenministerium. Auf die Frage, wie denn mit den Nachweisen über Polizeigewalt umgegangen wird, eiert er rum und behauptet, davon nichts zu wissen – bis er das dann zum ‚Material‘ degradiert, das ja erst noch zu prüfen sei. Irgendwie bleibt dann aber hängen: „Wir wissen von nichts.“ Dazu dann noch die Ausführungen von Seibert. Ach, schaut’s Euch selbst an.
Wirklich entsetzlich ist, wie die Regierung bzw. Politik auf Polizeigewalt und die Hinweise auf Grundrechtsverstöße reagiert. Da fragt Tilo Jung auf der Bundespressekonferenz die Regierungssprecher nach Polizeigewalt und dem Entzug von Akkreditierungen bestimmter Presseleute und bekommt was? Fadenscheinige, verschwurbelte Antworten, die um die eigentliche Antwort herumschiffen und Segel ins Ungefähre setzen. Den Kracher liefert Dr. Plate, Sprecher vom Innenministerium. Auf die Frage, wie denn mit den Nachweisen über Polizeigewalt umgegangen wird, eiert er rum und behauptet, davon nichts zu wissen – bis er das dann zum ‚Material‘ degradiert, das ja erst noch zu prüfen sei. Irgendwie bleibt dann aber hängen: „Wir wissen von nichts.“ Dazu dann noch die Ausführungen von Seibert. Ach, schaut’s Euch selbst an.
Das hat schon Qualitäten, die
mensch allenfalls mit DDR-Bonzen am Ende der DDR assoziieren mag. Zumindest ist
das drecksdreist. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass keiner aus der
Politik nicht mittlerweile mal von der Webseite g20-doku.org
gehört hat. Dort wird gesammelt, was einfach nur wütend macht.
Übertroffen wird das nur noch
von seinem verantwortungslosen Gesellen wie Olaf Scholz, der einem dreist in
die Kamera lügend behauptet: „Polizeigewalt hat es nicht gegeben, das ist eine
Denunziation, die ich entschieden zurückweise.“ (ZEIT)
Schön, dass die ZEIT das entsprechend kontrastiert:
„Scholz' Aussage steht zudem im Kontrast zu 35 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibedienstete, die derzeit in Hamburg laufen. In 27 Fällen gehe es um Körperverletzung im Amt, sagte ein Sprecher der Hamburger Innenbehörde. Sieben der 35 Verfahren sind laut der Welt gar von Amts wegen eingeleitet worden, darunter in vier Fällen wegen Körperverletzung im Amt.“ (ZEIT)
Auf Buzzfeedsnews
gab’s übrigens den Hinweis, dass die Zahlen der „verletzten“ Polizisten eigentlich
unter dem Schlagwort „Fake News“ verbucht werden sollten:
„Mehr als die Hälfte der Verletzungen meldeten die Polizisten schon vor den Protesten. […] Zudem sind etliche Verletzungen nicht auf die Demonstranten zurückzuführen. So zählte die Polizei zum Beispiel Kreislaufprobleme ebenfalls zu den gemeldeten Verletzungen. Die allermeisten Polizisten konnten spätestens am nächsten Tag wieder am Einsatz teilnehmen, häufig auch deutlich eher. […]
Mehr als 95 Prozent der als verletzt erfassten Polizisten konnten bereits nach kurzer Behandlung vor Ort wieder weiter arbeiten, zeigen die Recherchen von BuzzFeed News. Von den 476 gemeldeten Polizisten wurden insgesamt 21 Beamte so verletzt, dass sie auch noch am Folgetag oder länger nicht einsatztauglich waren. Offiziell als schwer verletzt gelten zwei Beamte der Bundespolizei. Die 16 Bundesländer meldeten auf Anfrage keine schwer verletzten Polizisten.“ (Buzzfeedsnews)
Um’s klarzustellen:
Verletzungen sind Mist, ja. Aber die Zahlen sind anscheinend maßlos
übertrieben und in dieser Übertreibung werden sie instrumentalisiert. Angesichts des Umstands, dass Polizeigewalt nicht erfasst wird
(Tilo Jung/YT),
dagegen vorzugehen auch so gut wie aussichtslos ist (correctiv.org)
und komischerweise kaum jemand mal in den öffentlichen Medien die Verletzten
durch Polizei thematisiert, kann die Empörung über Gewalt gegenüber der Polizei
als billige Agitation abgetan werden.
Den nächsten Kracher liefern nun
die vorgeblich „christliche“ DU und ausgerechnet die einstmals freiheitlichen
Liberalen aus NRW: Die Abschaffung der Kennzeichnungspflicht für Polizei (ZEIT).
Man wolle Polizeibeamte nicht unter Generalverdacht stellen, heißt es. Ja klar,
aber wenn ich als Normalbürger schwarze Sachen trage, dann darf ich
generalverdächtigt werden? Demnächst reicht schon, dass ich „linke“ Texte
schreibe, im Jugendzentrum arbeite, das wiederum einem konservativen Vollhonk
nicht genehm ist. Vielleicht reicht schon die falsche Musik. Super.
Wer schützt uns dann vor der Humorlosigkeit von Konservativen? („Welcome to
hell“ wurde von denen ja auch reiflich falsch verstanden…) Tja und so wird in NRW
offenbar die Abschaffung der Kennzeichnungspflicht durchgeboxt mit einer FDP,
die sonst immer so für Freiheitsrechte einzutreten vorgibt. Klar, damit sind ja
nur wirtschaftliche Freiheitsrechte gemeint. Danke für die Ehrlichkeit…
Beim Schmierblatt meiner
„alten Heimat“ habe ich dann die nächsten Sachen entdeckt. Am 13.07.2017
berichtete die LVZ
„De Maizière will Treffs der linken Szene in Leipzig-Connewitz schließen“.
Dazu muss mensch wissen, dass de
Maizière in Sachsen schon mehrfach in Regierungsverantwortung saß (auch im
Innenministerium) und Leipzig im braunen Sachsen halt ein rotes Fleckchen ist.
Und noch etwas sollte aufhorchen lassen: Es geht um alternative Jugendzentren. Wenn de Maizière die
näher untersuchen lassen will, heißt das nichts anderes, als Jugendarbeit
geheimdienstlich zu überwachen. Toll, denn alles, was den konservativen
Betonköpfen nicht passt, läuft Gefahr, als „alternativ“ oder „links“ in die
Fänge der Verfassungsschützer delegiert zu werden. Dass insb. Sachsen auf dem
rechten Auge blind ist, ist ja mittlerweile ein offenes Geheimnis. Daraus ergibt sich die gleiche Problematik wie eben erwähnt bezüglich des Versuches, in NRW wieder die Kennzeichnungspflicht für Polizei abzuschaffen. Jedenfalls
gab’s diese Woche auch kritische Stimmen gegen die Äußerungen von de Maizière (LVZ).
Aber davon ließ sich der Leipziger Polizeichef Merbitz nicht beirren. Offenbar
durch den geistigen Blödsinn von de Maizière bestärkt, sprach er bezüglich der
alternativen Szene von „rechtsfreien Räumen“ und stelle klar: „Die Zeit des
Redens muss vorbei sein“ (LVZ
vom 14.07.2017, paywall).
Insgesamt wird also gehörig „links“
und „rechts“ vermengt, d.h. im Grunde wird rechte Gewalt verharmlost. Jetzt
heißt es wieder, es müsse etwas gegen Linksextremismus getan werden. Was das
heißt, habe ich eben am Beispiel Leipzigs und NRWs gezeigt. Die Vehemenz und Intensität,
in der das zu Markte getragen wird, zeugt mindestens von einer klammheimlichen
Freude der Rechten und Konservativen.
Aber neben dieser Agitation kommt
noch etwas hinzu: In den Artikeln und Äußerungen, die die Polizei in Schutz
nehmen, wird auch noch verstärkt ein geradezu blindes Vertrauen in die Polizei
eingefordert. Ich bin zu faul, das hier herauszusuchen. Aber bei Maischberger,
in diversen Artikeln usw. war davon zu lesen, ohne oder kaum eines Widerworts.
Ganz so, als ob es NSDAP, Gestapo usw. nie gegeben hätte. Aufhorchen lassen
muss das nicht allein ob dieser Geschichtsvergessenheit. Problematisch ist,
dass diese Argumentation und Denke letztlich zur Konsequenz hat, in jeder, die
sich kritisch bzw. „links“ äußert, eine terroristische Gewalttäterin zu sehen.
Was mich in der Summe
erschreckt, das ist die Wucht und Schnelligkeit, mit der sich in nur einer
Woche ein kampagnen-artiger Diskurs gegen links über das Land ergießt. Nachdem,
was ich so wahrnehme, scheinen auch „Linke“ nicht so recht mitzubekommen, was eigentlich
passiert: „Links“ wird nämlich mit Gewalt und Terrorismus besetzt bzw.
um-etikettiert. Es war zwar bis vor wenigen Wochen auch schon „radikal“ oder
„extrem“ vermeintlich „linke“ Positionen zu vertreten. Also machen wir uns
nichts vor: Die Maßstäbe sind schon länger arg verschoben. Wobei dann noch
nicht mal konkret klar ist, was mit „links“ gemeint wird. Aber sei’s drum:
„Linke“ waren Spinner, vielleicht sympathische Utopisten, aber nichts, was
ernst zu nehmen sei. „Linksradikal“ oder „extrem“ sind dann solche Forderungen
wie die nach offenen Grenzen, nach dem bedingungslosen Grundeinkommen, 90
Prozent Einkommenssteuer usw. Wie gesagt, alles, was bis vor zwei Wochen noch
mitleidig als „träumerisch“ und „unrealistisch“ belächelt werden konnte.
Nun aber lächelt niemand mehr.
Empörung und Alarmismus herrschen vor. Was einst als linke Spinnerei abgetan
wurde, das wird wohl zukünftig als Indikator für linken Terror und linke Gewalt
herhalten. Wer sich also zivilgesellschaftlich für Dinge einsetzt, die
Regierenden schwer im Magen liegen – etwas für Flüchtlinge, gegen Bankenzocke
und gegen Lobbyismus etc. –, der oder die wird Gefahr laufen, sich dem Vorwurf
auszusetzen, mit einem Bein bereits in einer terroristischen Vereinigung zu
stehen.
Das Einfordern blinden
Gehorsams gegenüber den Staatsbehörden, das zum Teil autoritätshörige
Beklatschen der Polizeigewalt seitens der Bevölkerung sowie der damit
einhergehende politisch, medial und zivil begleitete Backlash gegen „links“ (die
Kommentarspalten der Zeitungen leben reges Zeugnis darüber ab) – all das lässt für
die Zukunft eine urban-industrielle Dystopie erwarten, die wir eher aus dem Cyberpunk kennen.
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