Eigentlich hatte ich
bereits ein paar wesentliche Gedanken zum Thema „Trump“ bzw. zum medialen
Umgang mit ihm geschrieben. Die Debatte ist dadurch gekennzeichnet, dass Trump zwar
viele gute Gründe an die Hand gibt, um sich über ihn aufzuregen, gleichzeitig
aber hier in einer Weise über ihn berichtet wird, die wir eher gegenüber Alexis
Tsipras und Yanis Varoufakis kennen und die mittlerweile auch an den Umgang mit
Putin, Assad und Saddam Hussain herankommt.
Was es so schwierig und unangenehm macht, ist, gegenüber
jemanden wie Trump dann mehr oder minder Sachlichkeit einzufordern. Im Grunde
müsste der mediale Hype erstmal heruntergekocht werden. Denn was das aktuelle
Klima begünstigt, ist die typische Feind-Argumentation, in der dem Gegenüber
Kompetenz abgesprochen und die Person lächerlich gemacht wird: es reicht dann,
einfach vom Idioten im Weißen Haus zu sprechen, auf seine Frisur zu verweisen,
irgendeine blöde Äußerung heranzuziehen, schon ist alles klar, dann braucht
mensch auch nicht tiefer zu bohren. Eine sachliche Diskussion ist damit kaum
noch möglich.
Weil das im letzten Beitrag vielleicht etwas lose im Raum
stand, will ich das einmal kurz an einem Beispiel verdeutlichen. Mir geht es
dabei auch darum, dem wohlfeilen Gegenargument vorzubeugen, die geforderte
Sachlichkeit würde einzig einer Relativierung der negativen Trump-Aspekte
dienen.
Schutz- und Erziehungszölle
Nehmen wir einmal die Schutzzölle. Trump möchte
u. a. Importe mit Zöllen belegen, um somit offenbar die Nachfrage auf
Produkte einheimischer Unternehmen zu lenken (Handelsblatt,
27.01.2017).
Was bei der Gegenargumentation häufig außer Acht gelassen
wird, ist, dass es sich dabei um keine neue Idee handelt. Historisch betrachtet
gab es diese Politik auch schon früher in den USA und diese beeindruckte u.a. Friedrich List (1789-1849)
derart, dass er diese Idee wissenschaftlich fundierte. Die Überlegung ging
dahin, Staaten mit schwacher Wettbewerbsposition zumindest zweitweise zu
schützen, bis sie „auf Augenhöhe“ mit anderen in den Wettbewerb treten können.
Wer will, kann das als eine frühe „globalisierungskritische“ Haltung
bezeichnen. Diese Überlegung wurde später im deutschsprachigen Raum unter dem Begriff
„Erziehungszoll“ bekannt und könnte auch heute
noch Teil einer „linken“ Politik sein. Zumindest könnte sie Teil eines
Vorhabens sein, das bestimmte „schwache“ Staaten nicht einfach so dem
marktwirtschaftlichen Wettbewerb zum Fraß vorwirft.
Klar ist aber auch: Wer das heute fordert, befindet sich
abseits neoliberaler Vorstellung und „Gepflogenheiten“. Schlimmer noch: Dem
„neoliberalen Zeitgeist“ ist es nun ein Leichtes, einfach darauf zu
verweisen, dass Trump so etwas macht, um eine derartige Politik zu diskreditieren.
Ob und inwiefern solche Schutz- oder Erziehungszölle Sinn machen, das muss dann
nicht mehr diskutiert werden. Insofern ist die an der Oberfläche kratzende
Kritik an Trump sogar von „linker“ Seite eher noch ein Schuss ins eigene Knie.
Natürlich kann ein Schutzzoll auch missbraucht werden.
Keineswegs muss es um „fairen“ Welthandel gehen, sondern die Politik kann auf diese
Weise in einen Protektionismus führen, in dem die eigene ohnehin schon starke
Position weiter gestärkt wird. Ob das z. B. bei Trump vorliegt, das könnte
diskutiert werden – allerdings nicht in dem eben beschriebenen Klima, das
derzeit vorherrscht. Es liegt auf der Hand, dass es damit vor allem auch „linke“
Überlegungen schwer haben, denn dort steht erst einmal die Distanzierung von
Trump an. Diese fällt umso schwerer, um so oberflächlicher in den Reigen der
Trump-Kritik eingetreten wird.
Richtig verlogen wird die Diskussion aber dadurch, dass
sich die EU auch nie zu schade für eine Politik war, die heute Trump als „protektionistisch“
vorgeworfen wird. Ein Beispiel dafür bietet der Bereich Solar, in dem vor noch
nicht allzu langer Zeit die Billig-Importe aus China vermieden werden sollten.
Umgesetzt wurde das mit einem Sonder-Deal
(ja, der Begriff war damals schon im Gebrauch), der eine gewisse
Preisunterschwelle für chinesische Produkte vorsah: Diese Untergrenze sollte
nicht unterschritten werden, sonst würde ein Zoll von 48 Prozent fällig (Tagesthemen,
02.12.2013).
Genau daran zeigt sich die Doppelmoral in der Diskussion
um Trump. Ebenso zeigt sich, dass es in der Diskussion gar nicht um Inhalte
geht. Eine sachliche Auseinandersetzung sieht anders aus. Und mehr noch, es
besteht der Eindruck, dass der Neoliberalismus im Gewandt der Trump-Kritik
fröhliche Urstände feiert.
Mediale Trump-Präsenz
Der eigentliche Anlass dafür, dass ich Trump noch einmal
thematisiere, liegt aber in der medialen Präsenz, die derzeit unübersehbar ist.
Zwar wird immer mal wieder auch über andere Dinge berichtet, aber das geht in
der Überpräsenz des Themas „Trump“ unter. Jedenfalls war das mein Eindruck der
letzten Wochen und speziell der letzten Woche. Dazu muss mensch nur einmal auf
die bekannten Quasselbuden-Shows schauen. Den „Spaß“ habe ich mir mal gemacht:
Phoenix-Runde, Internationaler Frühschoppen, Maischberger, Hart aber fair und
Maybrit Illner. Was sich anhand dieser kleinen, ausgewählten Menge sehen lässt,
ist, dass wir uns seit Januar im Trump-Dauerbeschuss befinden. Wie das
ausschaut? In etwa so:
- 11.01.2017 Phoenix-Runde:
Abschied von Obama – Was bleibt? - 15.01.2017 Internationaler Frühschoppen:
Trump im Weißen Haus - Die Welt sortiert sich neu. - 18.01.2017 Maischberger:
Trump macht Ernst: Muss die Welt vor ihm zittern? - 19.01.2017 Maybrit Illner:
Der unberechenbare Präsident – stellt Trump die Welt auf den Kopf? - 19.01.2017 Phoenix-Runde:
Präsident Trump - Kehrtwende im Weißen Haus - 25.01.2017 Phoenix-Runde:
Trumps Alternative Fakten – Lügen als Erfolgskonzept? - 26.01.2017 Phoenix-Runde:
Streichlisten und Abschottung – Trump legt los - 31.01.2017 Hart aber fair:
Trump macht ernst – wie warm müssen wir uns anziehen? - 31.01.2017 Phoenix-Runde:
Trumps Einreisestopp - Muslime unter Generalverdacht? - 02.02.2017 Maybrit Illner:
Trumps Egotrip – Mauern gegen den Rest der Welt? - 02.02.2017 Phoenix-Runde:
Der umstrittene Präsident – Wie umgehen mit Trump? - 07.02.2017 Phoenix-Runde:
Ohne Rücksicht auf Verluste – Spaltet Trump Europa? - 08.02.2017 Phoenix-Runde:
America First – Gefahr für die Weltwirtschaft? - 09.02.2017 Maybrit Illner:
Trump macht ernst – ist dieser Präsident zu stoppen? - 15.02.2017 Maischberger:
Trump gegen den Rest der Welt - 15.02.2017 Phoenix-Runde:
Trumps neues Amerika - Wer ist Freund, wer ist Feind? - 16.02.2017 Maybrit Illner:
Zwischen Trump und Putin – Muss Europa aufrüsten? - 16.02.2017 Phoenix-Runde:
Tumps Zickzackkurs - Europa wird nervös - 19.02.2017 Internationaler Frühschoppen:
Ratloses Europa – was will Donald Trump?
Den Vogel schießt hier natürlich Phoenix mit der
Phoenix-Runde ab – da ist fast jede Woche etwas von Trump, sogar mehrfach.
Diese Sendung sorgt dann dafür, dass sogar mehrfach am Tag die Trump-Aversion
bedient wird.
Aber nicht nur der Umstand, dass so massiv über Trump
berichtet wird, ist merkwürdig. Sonderbar wirkt auch der negative Kontext, der
mit den Titeln der Sendungen vermittelt wird. Das gibt all jenen Nahrung, die
hinter jeder Berichterstattung eine mediale „Kampagne“ wittern. Ich persönlich
glaube eher, dass es der im Journalismus vorherrschende Habitus ist, der für
diese Einseitigkeit sorgt. Nichtsdestotrotz bleibt es aber einseitig und in der
Einseitigkeit zudem auch noch oberflächlich.
Damit schließt sich wieder der Kreis zu meinem obigen
Hinweis, dass es eigentlich nicht um sachliche Auseinandersetzungen geht.
Besonders fragwürdig ist, dass es vor allem Sendungen im öffentlich rechtlichen
Fernsehen sind, die hier für die Medienpräsenz des Themas „Trumps“ und die negative
Deutung sorgen.
(Update 22.02.2017, stilistische Änderungen)
(Update 22.02.2017, stilistische Änderungen)
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